Staatsbürgerschaft „on Sale“: Buhlt die Linke um neue Wähler?

Die SPÖ hat jüngst eine Debatte gestarten mit dem Tenor ob Einbürgerungen hierzulande erleichtert werden sollten. Die Sozialdemokraten sehen in ihren Vorschlägen eine demokratiepolitische Mission um denen eine Stimme zu geben, die hierzulande nicht wahlberechtigt sind. Ohne großartig zu hinterfragen warum das so ist. Wir vom März wollen daher einen genauen Blick auf diese Debatte werfen ! Und uns genauer ansehen, welches Ziel die SPÖ hier bezweckt. Abgesehen von der Inszenierung einer politischen Debatte zu einem höchst ungewöhnlichen Zeitpunkt natürlich.

Der SPÖ-Vorschlag

Die SPÖ fordert in ihrem jüngsten Migrationspapier, präsentiert von Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser, einen leichteren Zugang zur österreichischen Staatsbürgerschaft. Will man also die Staatsbürgerschaft „verschenken“ wie es die Kritiker bemängeln? Der März wirft einen genauen Blick auf die Ideen der Sozialdemokraten.

Nach sechs Jahren rechtmäßigem Aufenthalt in Österreich (statt bis dato 10 Jahre) soll es einen Rechtsanspruch auf den Erwerb der Staatsbürgerschaft geben. Ein legaler Aufenthalt in Österreich soll dabei nicht länger an die finanzielle Selbsterhaltung geknüpft werden wie bis dato. Denn schon ein langes Asylverfahren oder ein Studienaufenthalt reichen dank SPÖ-Vorschlag künftig zur Einbürgerung. Dem Staatsbürgerschaftsrecht will die SPÖ auch ein Element des „Geburtsortsprinzips“ (Ius soli) hinzufügen: Ein in Österreich geborenes Kind soll automatisch bei Geburt die Staatsbürgerschaft bekommen, wenn ein Elternteil fünf Jahre legal in Österreich aufhältig ist. Zudem will die SPÖ die finanziellen Hürden für den österreichischen Pass senken.

Die Staatsbürgerschaft soll allen offenstehen, die in den letzten sechs Jahren zumindest in 36 Monaten nicht zum überwiegenden (!) Teil die Sozialhilfe bezogen haben. Bundesgebühren von 1.115 Euro für die Einbürgerung sollen gestrichen werden. Landesgebühren sollen auf niedrigem Niveau vereinheitlicht werden. Statt der derzeitigen Prüfung zur Erlangung der Staatsbürgerschaft will die SPÖ einen „Staatsbürgerschaftslehrgang“. Das verkürzte Argument für diese massiven Lockerungen im Staatsbürgerschaftsrecht: In Wien haben 30% der Bevölkerung (bedingt durch den massiven Zuzug der letzen 2 Jahrzehnte) kein Wahlrecht und dies sei undemokratisch.

Kurz zusammengefast: Die Linke fordert also mit dem Hinblick auf Wien möglichst viele Migranten einzubürgern! Ihr ideologischer Gegenpart die FPÖ fordert dagegen eine klare Trennung zwischen Asyl und Staatsbürgerschaft, sowie auf erleichterte Aberkennung der Staatsbürgerschaft bei Verstößen.

Staatsbürgerschaft: Ein hohes Gut?

Ein Staat ist immer eine aus einer bestimmten Situation heraus gewachsene Gemeinschaft. Im Falle Österreichs enstand hierzulande ein über Generationen kulturell wie ökonomisch höchst erfolgreiches Kollektiv von Menschen, die sich gemeinsam Spielregeln gaben. Etwa in Form des Staatsbürgerschaftsrechts in unserer Bundesverfassung. Staatsbürgerinnen und Staatsbürger bilden eine Gemeinschaft, die eine gemeinsame Verantwortung tragen. Entstanden aus dem (historischen) Ringen von (österreichischen) Menschen im Sinne einer gedanklichen Gemeinsamkeit in ihren Grundwerten und in der Ausbildung von Institutionen. Der Staat gewährleistete dabei letztlich die Realisierung dieser Vorstellungen. Die Antithese zum erfolgreichen (österreichischen) Staat sind die vielen gescheiterten Staaten, die als formale Konstrukte eben nicht den gemeinsamen Willen der Bürger repräsentierten.

Der österreichische Staat definiert sich aus seinem historisch gewachsenen Staatsverständnis. Welches aus der k.u.k Monarchie, aus der Gründungszeit der 2 Republiken, den Kriegen und dem Ringen um demokratische Staatlichkeit garniert mit den kulturellen Errungenschaften Österreichs resultiert. Ein Einwanderungsland in der neuen Welt setzt dagegen auf Versprechungen der Zukunft (garniert mit dem Ius Soli). Wir Österreicher bevorzugen wie die meisten Europäer, Asiaten und Afrikaner dagegen das ius sanguinis (Abstammungsprinzip). Und haben uns politisch dagegen entschieden Staatsbürgerschaften per Ius Soli sowie relativ leicht für Einwanderer zu verleihen.

Der österreichische Pass hat ja einen großen Wert, bei den Vergleichen der „besten Pässe“ weltweit ist Österreich traditionell weit vorne. Man kann in fast alle Länder der Welt leicht reisen, umgekehrt ist das oft nicht so. Das ist das Resultat einer Selektivität und einer erfolgreichen Arbeit. Welche der Vorschlag der SPÖ nun etwas ad absurdum führt. Das ius sanguinis geht dabei von der Vorstellung aus, dass nicht die Geburt, sondern die Begleitung durch Eltern als Staatsbürger das Verstehen der Gesellschaft und ihrer staatlichen Verfasstheit sicherstellen soll. Kein kurzfristig legaler Aufenthalt sollte diesen gewachsenen Sozialisationsprozess substituieren.

Wer nimmt in der rot-weiß-roten Loge Platz?

Worauf läuft der SPÖ Vorschlag hinaus?

Was erhoffen sich die Linken mit ihren Vorschlägen nun? Die deutsche Soziologiestudentin, die slowakische Putzfrau und der irakische Asylwerber sollen leichter und rascher Staatsbürger werden. Gerne auch Doppelstaatsbürger, weil viele Migranten ihre Staatsbürgerschaft ja dann doch ungern aufgeben. Und sich wohl gegen die österreichische entscheiden würden, wenn sie ihre Herkunftsstaatsbürgerschaft aufgeben müssten. Womit natürlich ein permanenter Loyalitätskonflikt geschaffen wird, den Deutschland längst erlebt. Den die Linke hier gerne und willentlich in Kauf nimmt, DENN sie profitiert glasklar politisch. Der Indikator dafür ist die „Pass-Egal-Wahl“. Bei dieser „Wahl“ 2020 von einigen Menschen ohne österreichischen Pass in Österreich erreichten SPÖ (38,44 Prozent) und Grüne (33,55 Prozent) eine komfortable Zwei-Drittel Mehrheit.

Wobei – und das muss auch gesagt werden – ein großer Teil der Migranten die österreichische Staatsbürgerschaft wohl auch gar nicht will. Denn so groß sind die Hürden für den Durchschnittsausländer dann ja auch wieder nicht, denn fast jeder zweite Mensch mit Migrationshintergrund in Österreich wurde ja bereits eingebürgert.

In der Realität läuft der SPÖ-Vorschlag natürlich auf einen massiven Ausbau der „Pull-Faktoren“ hierzulande hinaus, der es äußerst interessant macht hier zu leben. Das würde wohl innerhalb kürzester Zeit zu verstärkter Kettenmigration („chain migration“) führen, zu mittelfristig dadurch massivem Familiennachzug und einer drastisch erhöhten Einwanderung. Die Islamisierung würde weiter beschleunigt, aber auch die Bürger europäischer Nachbarländer würden wohl ebenso auf „Ankerbabys“ setzen, wie es die Chinesen und Latinos heute schon in den USA tun. Schließlich steckt hinter der österreichischen Staatsbürgerschaft ein soziales Sicherheitssystem, das es im direkten Vergleich mit allen (!) österreichischen Nachbarländern außer der Schweiz aufnehmen kann. Die deutsche Durchschnittspension ist etwa deutlich niedriger als die österreichische.

Einbürgerung vor Integration?

Unser Staat Österreich hat wie jeder moderne Fürsorge- und Vorsorgestaat Pflichten gegenüber seinen Staatsbürgern. ABER auch diese haben Pflichten gegenüber dem Staatswesen, die von den Freunden einer raschen Verleihung der Staatsbürgerschaft gerne ignoriert werden. Im jetzigen Rechtsverständnis steht die Verleihung der Staatsbürgerschaft deshalb idealerweise am Ende (!) des Integrationsprozesses und nicht mittendrin oder davor. Unsere Geschichte, ethische Kriterien und das österreichische Selbstverständnis dabei zu erlernen ist für ein harmonisches Zusammenleben aller „Menschen die hier leben“ (wie Bundespräsident Van der Bellen gerne sagt) essentiell. Nur weil in Österreich jemand etwa zeitweise arbeitet oder 5 Jahre studiert sollte kein ausreichendes Argument für einen kostenlosen Freifahrtschein zur Staatsbürgerschaft sein.

Schon die Öffnung des Wiener Gemeindebaus für Nichtstaatsbürger hat sich nicht gerade als der Integrationsturbo erwiesen. Die Staatsbürgerschaft wird nämlich von Migranten in der Regel ökonomisch evaluiert und oft nicht so demokratiepolitisch wertgeschätzt wie sich das viele linke Theoretiker gerne herbeiphantasieren. Eher geht es darum an Sozialleistungen zu kommen. Und auch ethisch wie kulturell ist die Integration von Neo-Österreichern oft nicht weit genug gediehen. Wie viele der islamistischen Syrienkämpfer mit österreichischer Staatsbürgerschaft demonstrieren, wie auch die ganzen Integrationskonflikte überall in Österreich.

Wir sind ein Zielland das heute schon oft einbürgert bevor es integriert. Damit wird aber immer mehr Stück für Stück jenes kollektive Band zerstört das Österreich in den letzten hundert Jahren so akzeptiert und erfolgreich machte. Sozialpartnerschaft, Interessenausgleich, Neutralität, Selbstverwaltungskörperschaften sind Produkte eines Landes mit einer reichhaltigen Geschichte und nicht die Federstriche einer Multikulti- Einwanderernation.

Fallbeispiel Deutschland: die Linke setzt sich durch !

In Deutschland war der Doppelpass ein ähnliches Boutiquethema der Linken, die diesen dort mit ihrer breiten medialen Macht über den politischen Diskurs dann auch durchsetzen konnten. Der „Erfolg“ dieser Maßnahmen manifestierte sich dann eher in einem abnehmenden Bekenntnis von Migranten zu Deutschland, sowie in Wahlkampagnen Erdogans auf deutschem Boden. Inklusive gefüllter Hallen voller tausender Türken in Deutschland. Die ihren deutschen Mitbürgern die Möglichkeiten des Doppelpasses wunderbar demonstrierten, indem Deutschland ein Schlachtfeld im türkischen Wahlkampf wurde. Von Leuten die gleichzeitig vom deutschen Sozialsystem und der Demokratie profitierten, aber ihren ehemaligen Landsleuten gleichzeitig den Autokraten Erdogan mitbescherten und diesen auf deutschem Boden feierten. Die Integrationsprobleme blieben dagegen ident, denn ein Pass ändert wenig an den Lebensrealitäten der Leute und an den Parallelgesellschaften die exisitieren.

Was wäre ein bürgerlicher Alternativvorschlag: Verschärfungen?

Statt „Pullfaktoren“ zu verstärken, die ungeplant Einwanderung fördern, sollte ein bürgerlicher Vorschlag natürlich solchen Entwicklungen entgegen treten. Bürgerliche sollten der weiteren Heterogenisierung der Bevölkerung kritisch gegenüber stehen und neben der Integration die Assimilation aktiv einfordern. Es muss aber natürlich poltisch offensiv die Frage thematisiert werden: Soll man wie die Linke es will Leute einbürgern ohne ausreichende Kenntnis (kein Test) und Erfahrungen in der österreichischen Gesellschaft? Um die dann an der Weiterentwicklung der staatlichen Organisation demokratisch partizipieren zu lassen? Soll man eine Situation herbeiführen, wo es auch in Österreich bald „Ankerbabys“ geben wird?

Andere Länder mögen diese Wege gehen, das bürgerliche Österreich lehnt dies laut Umfragen (63%) aber klar ab! Denn die Leute spüren am eigenen Leib: Ein funktionierendes Gemeinwesen entsteht nicht dadurch das man einen beliebig zusammengewürfelten Haufen von Menschen aus aller Welt ohne Kriterien am politischen Prozess beteiligt. Eine rasche Einbürgerung ist keine Aufforderung zur Integration, sondern macht diese Neo-Österreicher zu einer weiteren Forderungsgruppe, die von Politikern Gefallen einfordern können. Die am Ende in einer totalen Seggregierung der Gesellschaft enden, die in viele ethnisch-religiöse-nationalistische Interessensgruppen zerfällt. Das hatte Österreich schon in seiner Kaiserzeit und es funktionierte schon damals nicht. Die FPÖ fordert daher die Möglichkeit der Aberkennung von Staatsbürgerschaften weiter auszubauen, um etwa Islamisten diese entziehen zu können. Um sich Dilemata wie im Syrienkrieg zu ersparen, als IS-Islamisten dann mit österreichischer Staatsbürgerschaft unbehelligt zurückkommen konnten.

Viele wissenschaftliche Untersuchungen demonstrieren außerdem das der wirtschaftliche Erfolg von Sozialstaaten nicht zuletzt am hohen Maß an ethnischer Homogenität liegt. Finnland hat das beste Bildungssystem der Welt und eine der homogensten Bevölkerungen. Dies wird von Multikulti-Fans auf der Linken gerne ignoriert. Diese Homogenität durch einen raschen Einwanderungsprozess weiter zu verwässern, ohne auf Integration und dann Assimilation zu setzen ist geradezu absurd.

Fazit

Die Realität in Österreich ist folgende: In den letzen 2 Jahrzehnten sind 1 Million+ Menschen zugewandert, ohne das das österreichische Volk dazu befragt worden wäre. Die Zuwanderung ist ohne einen gesellschaftlichen Konsensus einfach „passiert“, gefördert von der Wirtschaft natürlich. Diese vielen Einwanderer sind vielfach aber ihrer alten Heimat noch stark verbunden und bleiben deshalb auch dort Staatsbürger. Und entscheiden sich daher gegen eine österreichische Staatsbürgerschaft. Dazu gibt es natürlich auch viel Fluktuation. Migranten kommen und gehen.

Ist es also schlimm wenn in Wien 30 Prozent der Bevölkerung entweder nicht berechtigt oder unwillens sind Staatsbürger zu werden? Wohl kaum. In der Schweiz ist der Anteil der Ausländer noch um einiges weit höher und niemand würde hierzulande behaupten das die sehr demokratische Schweiz ein Demokratieproblem hat. Die Demokratie scheitert nicht an dem %-Anteil der Wahlberechtigten, sondern am Engangement der wahlberechtigten Bürger !

Genügt es also wie die SPÖ argumentiert hier zu leben und zu arbeiten, um Staatsbürgerschaften zu verschenken? Sind die Integrationsberichte nicht Warnsignale genug, um Staatsbürgerschaften en masse zu verleihen? Liberale Linke wie Heide Schmidt oder Christoph Wiederkehr (NEOS) verfolgen gemeinsam mit SPÖ und Grünen völlig naive Vorstellungen und vertreten die Ansicht, dass Antragsteller aus einem Wertebekenntnis heraus die Staatsbürgerschaft annehmen müssten. Tun sie es nicht, muss man die Staatsbürgerschaft eben leichter zugänglich machen, aka verschenken. Sie ignorieren Pull-Faktoren, Integrationsverweigerung und heben die Diskussion auf die theoretische Ebene des Wahlrechts abseits jedweder gesellschaftlicher Realität und der Wünsche der österreichischen Staatsbürger. Die zu 63 Prozent diese Reform ablehnen! Eher sollte man daher die Bevölkerung befragen wie sie zur Massenmigration nach Österreich steht (die solche Fragen wie jene der SPÖ erst produziert) und ob Alternativen wie der dänische Weg auch ein Modell für hierzulande wären.

Links und Quellen

https://orf.at/stories/3216555/

https://kurier.at/politik/inland/staatsbuergerschaft-kickl-fuer-aussetzung-der-verleihung-an-tuerken/401421162

https://www.zeit.de/politik/deutschland/2017-04/doppelte-staatsbuergerschaft-wahlrecht-europa-5vor8

https://wien.orf.at/stories/3070231/

https://www.derstandard.at/story/2000127535849/staatsbuergerschaft-ist-verantwortung

https://www.derstandard.at/story/2000127626066/der-leichtere-zugang-zur-staatsbuergerschaft-kommt

https://www.welt.de/politik/deutschland/article157646457/Wie-viele-Deutsche-zwei-Paesse-haben-weiss-niemand.html