CHINA: Zeit für die Europäer „all in“ mit Trump zu gehen?

Das romantische Bild von China: Die chinesische Mauer

Viele Europäer, angeführt von Kanzlerin Angela Merkel, haben heute immer noch eine positive Einstellung gegenüber China. Sie übersehen dabei gerne die wachsende Bedrohung die von diesem Land zunehmend für die freie westliche Welt ausgeht. Es ist daher längst an der Zeit auch im Europa dieser „China-Beschwichtiger“ die eigenen Positionen zu überdenken. Es stellt sich die Frage: Wird es Zeit dass wir Europäer gemeinsam mit den Amerikanern „all in“ gehen und der kommunistischen Einparteiendiktatur in Peking Paroli bieten?

Das expansive, immer härtere Verhalten des kommunistischen Chinas im Umgang mit Gegnern (Uiguren), Nachbarn (Indien, Japan, Südchinesisches Meer) und Rivalen (USA, etc.) in den letzten Jahren, zeichnet ein klares Bild der aggressiven Agenda Präsident Xi Jingpings. Daraus resultiert die zunehmende kritische Reaktion der USA seit der Wahl Trumps zum US- Präsidenten. Und auch jene der Australier seit der Corona-Krise zum Beispiel. Dies ist vor allem vor dem Hintergrund spannend, dass für den Westen Jahrzehnte lang nur die wirtschaftlichen Geschäfte im Vordergrund der gemeinsamen Beziehungen standen. Dies zwingt auch Europa zunehmend dazu eine Antwort zu finden. Nicht jedes (außenpolitische) Thema kann in Brüssel ignoriert werden ohne Konsequenzen.

Peking hat wirtschaftlich bereits vorgebaut und groß in Ländern wie Griechenland, Italien und generell in Osteuropa investiert. Man hat in Europa also bereits den Fuß in der Türe. Die Volksrepublik setzt dabei auf bilaterale Beziehungen und Wirtschaftsabkommen und erweitert beständig ihren Einfluss. Das säht naturgemäß Zwietracht in der EU-Außenpolitik. Dies sieht man besonders dann, wenn einige (vor allem östliche) EU-Mitgliedsländer kritische Haltungen zu China auf einmal nicht mittragen wollten. Es besteht deshalb Handlungsbedarf in Brüssel! Auch die Amerikaner drängen nach einem Ende dieser naiven EU-China Politik. Das zeigte die jüngste sommerliche Europareise des US-Außenministers Pompeo mit Zwischenstation in Wien.

Die dystopische Realität Chinas

Das „systemische Rivale“ China

Letztes Jahr erst hat die EU die Volksrepublik China zum „systemischen Rivalen“ erhoben, was ein Eindruck sein dürfte, dass die europäische Naivität gegenüber China zunehmend Realpolitik weicht. Bisher wählte die EU genau in dieser entscheidenden Frage nämlich einen Mittelweg. Sie mäanderte zwischen der entschieden auftretenden Trump-Administration einerseits und der Kommunistischen Partei Chinas auf der anderen Seite. Die enge transatlantische Zusammenarbeit krankt genau im wirtschaftlichen Bereich mit dem wohl wichtigsten wirtschaftlichen Rivalen des Westens. Das ist das Erbe der liberalen wirtschaftsfreundlichen Außenpolitik einer Angela Merkel, eines Barrack Obama und eines David Camerons.

China ist da weit pragmatischer! Es setzt auf fortgesetzte wirtschaftliche Profite und hofft, dass die Europäer über viele wirtschaftliche Nachteile einfach hinwegsehen! Den Europäern, so hofft man in Peking, sollte doch reichen, dass andere Wirtschaftssektoren wie die deutsche Autoindustrie in China noch große Profite machen dürfen. Betonung auf „dürfen“. Der Marktzugang ist nämlich alles andere als frei. Der Westen hat wohl aus diesem Grund für rund 10 Jahre auch seine Menschenrechtskritik an der Volksrepublik vielfach zurückgefahren. Äquivalent dazu hat sich aber der autoritäre Handlungsspielraum der kommunisitischen Elite des Xi Jingping massiv erhöht. Heute häufen sich nun militärische Vorfälle mit Nachbarländern. Millionen von Kritikern und Minderheiten sitzen in Internierungslagern. Und die Corona-Pandemie wurde wochenlang vertuscht und heruntergespielt, bis diese sich in die ganze Welt verlagert hatte.

China wird der EU in den kommenden Jahren politisch am Westbalkan, im Nahen Osten, der Arktis und in Nordafrika entgegen treten. Regionen in unmittelbarer Nachbarschaft, die für die EU wichtig sind. Die freie Seefahrt im pazifischen Raum könnte als nächstes beeinträchtigt werden. Es braucht daher eine einheitliche und starke EU-China Strategie. Europa muss bereit sein, sich dem Konkurrenten China klar entgegen zu stemmen.

Profitieren die Europäer vom „Freihandel“ mit China?

Aggressiver Technologietransfer hat der deutschen Ingenieurskunst massiv geschadet. Viele chinesische Unternehmen sind dank Technologiediebstahl heute auf Augenhöhe und konkurrieren aggressiv um Anteile am Weltmarkt. Bürokratische Auflagen und Wettbewerbsnachteile oder gleich komplette Zutrittsverbote vermiesen westlichen Konzernen zudem das China-Geschäft. Das kann zum Nachteil dieser Firmen sein, hilft aber auf jeden Fall den chinesischen Mitbewerbern. Und das alles passiert täglich trotz der WTO-Mitgliedschaft Chinas ! Vielleicht auch wegen dieser ?

Das historische Beispiel Deutschlands und der USA zeigt die Gefahren des Freihandels in Kombination mit Zollsperren und eingehegten nationalen Märkten. Auf Kosten des liberalen Großbritanniens gelang es diesen 2 Ländern am Ende des 19. Jahrhunderts an die Spitze der globalen Wertschöpfung zu gelangen, indem die britische Industrie unterboten und qualitativ übertroffen wurde, obwohl diese eigentlich die Industrie- und Technologiepioniere waren. Großbritannien leidet bis heute an der daraus resultierenden einseitigen Wirtschaftsorientierung auf den Service-Sektor und an einer agrarischen Abhängigkeit.

Europas Druckmittel

Europa ist also wirtschaftlich beständig unter Druck, verliert Industriegeheimnisse und auch politisch stiftet China durch seine Investitionen Zwietracht. Länder wie Griechenland und Ungarn wurden bereits „eingekauft“, auch wenn diese eigentlich auch aus Brüssel Milliardensubventionen beziehen. Gleiche Strategien und Mittel wie China anzuwenden wäre kurzfristig wohl schwierig, mittel- und langfristig wird aber kein Weg daran vorbeiführen. Außer man möchte seine Industrieführerschaft komplett abgeben und als „Tourismusdisneyland“ ein neues Auskommen als Museum der Welt finden. Deshalb muss man China zwingen nach internationalen (WTO-)Regeln zu spielen und baldigstmöglich den Protektionismus der Chinesen als Gegenstrategie übernehmen. Es kann nicht sein, dass westliche Unternehmen benachteiligt werden, während chinesische Unternehmen frei aktiv sein können. Huawei und Tiktok sind da Paradebeispiele. Und das während die EU mit Abstand der größte und wichtigste Handelspartner und Exportmarkt für China ist!

China arbeitet aber neben Handelsstrategien auch an langfristigen politischen Strategien und besetzt in der europäischen Nachbarschaft immer mehr politische Positionen. Der Westen muss darauf ebenso offensiv antworten. Die Stärkung der Gegner der Volksrepublik Chinas ist eine Strategie die zu Europas demokratischer Mission passt und die auch helfen kann der Volksrepublik generell Paroli zu bieten. Dazu gehört etwa das kleine Taiwan, oder die Hong Konger Zivilgesellschaft. Taiwans Eröffnung einer weiteren Repräsentanz in Südfrankreich – parallel zur letzten Europareise des chinesischen Außenministers – war ein wichtiges Signal. Wie übrigens auch der kürzliche Taiwan-Besuch eines US-Ministers und eines tschechischen Ministers. Das sind klare Demonstrationen der eigenen Stärke und des westlichen Selbstbewusstseins.

Indien, Japan, Vietnam und die Philippinen sind wichtige demokratische Partner bei denen gemeinsame geopolitische Interessen bestehen die Hegemonie Chinas schon an seiner Haustüre zu beschränken. Dafür braucht es natürlich eine Militärstrategie a la USA – ohne diese wären die Chinesen wahrscheinlich schon in Nordafrika präsent und die EU wäre in sich gespalten wie man darauf reagieren sollte.

Tesla – einsam gegen die chinesische Konkurrenz?

Beispiel für einen Strategiewechsel: Technologiewahl

Die Wahl der Technologie spielt eine zentrale Rolle für die Erzeugung des zukünftigen Wohlstandes. Deshalb ist es von größtem Interesse für den Westen ob beispielsweise die Autos der Zukunft mit Batterien oder mit Wasserstoff betrieben werden. Dies ist eine technologische Frage, aber auch eine geopolitische und strategische Frage. Hersteller wie Toyota setzen seit Jahrzehnten auf Brennstoffzellenautos, haben es bisher aber nicht geschafft große Stückzahlen zu produzieren. Großes Knowhow gibt es in Form von Patenten auch in den USA und Deutschland. Dagegen halten die Chinesen mit ihrer führenden Batterietechnologie, mit der sie aktuell den Weltmarkt aufräumen. Das Prinzip ist simpel: großer Akku plus starker Ladestrom in einer schönen Verpackung. Technisch umständlicher ist dagegen die Brennstoffzelle. Wertschöpfung für die westlichen Autokonzerne bliebe nur wenig über, wenn die chinesischen Batteriehersteller übernehmen.

Auf längere Distanzen versagen die heutigen Battieren zwar, was für die Brennstoffzelle spricht. Auch ist fraglich ob das gegenwärtige Stromnetz Millionen von Batterien würde aufladen können. Und die ganze Welt müsste neu verkabelt werden, um eine Massenbatteriemobilität zu ermöglichen. Das alles ändert aber nichts daran, dass gegenwärtig die fast ausschließlich von Chinesen gefertigten Batterien der Elektroautos einen weltweiten Siegeszug antreten. Mit einem „simplen“ Batterieauto würde ein Großteil der europäischen Autozulieferindustrie wahrscheinlich technolgisch überflüssig, da ein Verbrennungsmotor doch viel komplexer ist und mehrere Arbeitsschritte verlangt.

„Gewinnen“ also die chinesischen Batteriehersteller würde ein Großteil der alternativen Patente und Entwicklungen der Automobilindustrie in den USA, Japan und Deutschland sinn- und wertlos werden. Im Westen fehlt zudem die Hauptressource für Batterien: Lithium. Was es dagegen gibt ist das Know-how eine neue komplexe Brennstoffzellenindustrie etwa in Deutschland auf Basis der bestehenden Autoindustrie aufzubauen. Das wäre eine höchst interessante und wichtige strategische Option, um nicht nur Technologie und Wirtschaft in Europa zu retten, sondern auch die chinesischen Konkurrenten auszubremsen. Die Zukunft des Westens liegt also womöglich im Wasserstoff!

Die Trump-Strategie: Handelskrieg

Die USA verfolgen seit der Wahl Präsident Trumps eine aggressive Strategie gegenüber Chinas durch mehrere Runden von Wirtschaftssanktionen. Trump nutzt dabei gerne Zölle um die Preise chinesischer Produkte zu erhöhen, um so eine Änderung der wirtschaftlichen Strategie der Chinesen zu erzwingen. Die letzte größere Sanktionsrunde verknüpfte Trump direkt mit der Niederschlagung der Demokratieproteste in Hong Kong und den unfairen Handelspraktiken Chinas, wie folgender Clip zum Handelskrieg Trumps zeigen:

Trump sanktioniert die Niederschlagung der Demokratiebewegung in Hong Kong

Die USA haben (wie die EU) eine lange Liste an Forderungen und Beschwerden gegenüber China wegen unfairer Handelspraktiken, Spionage, freiem Marktzugang et cetera. Folgender Clip des Economist erklärt sehr gut die Motivationen hinter der Politik der Amerikaner, die sich auch im Falle einer Abwahl Präsident Trumps nicht signifikant ändern wird. Demokraten wie Republikaner sehen China heute parteiübergreifend äußerst kritisch und sind nicht mehr bereit die Entwicklungen weiter so hinzunehmen:

Der amerikanisch-chinesische Handelskrieg, erklärt vom Economist

Einschätzung der Expansion Chinas durch den US-General H. R. McMaster:

Fazit

Peking fürchtet durchaus ein scharfes gemeinsames westliches Vorgehen. Seine Diplomatie möchte auf jeden Fall verhindern, dass die EU-Mitglieder den harten China-Kurs von US-Präsident Trump mittragen. Vielmehr ist das Ziel den Status-quo so lange wie möglich zementieren, der westliche Gelder und Industriegeheimnisse möglichst ungehindert nach China abfließen lässt. Dazu säht die Volksrepublik Uneinigkeit in Europa und lockt ärmere EU-Länder mit großen Investitionen. Und die EU – der größte und mit Abstand wichtigste Absatzmarkt Chinas – lässt sich das bis dato gefallen ! In den letzten Tagen forderte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen immerhin von China weitere Zugeständnisse ein. Seit 7 (!) Jahren verhandelt die EU nun bereits mit China über ein Investitionsabkommen. Ohne Druck wird sich die chinesische Position zum eigenen Ungunsten (!) also nicht verändern ! Was spricht also dagegen sich der harten China-Politik der Amerikaner anzunähern, um den Preis für Präsident Xi in die Höhe zu treiben? Wohl nur wenig, wenn man es nüchtern betrachtet!

Viele Europäer verschlafen bis heute, dass China kein schwacher apolitischer Handelspartner mehr ist. Das Land ist ein strategischer Rivale, der beherzt alle Widerstände aus dem Weg räumen wird, sollte ihm die Gelegenheit dazu geboten werden. Präsident Xi teilt andere Werte als der Westen und sieht dessen Wertefundament als Bedrohung für sich und sein System, weshalb er westliche Ideen auch weltweit attackieren lässt. Die europäische Wirtschaft verliert dagegen jedes Jahr Milliarden Dollar und technologisches Knowhow auf einem ungleichen Spielfeld an chinesische Mitbewerber, die westliche Technologien und Strategien plump kopieren. Die Bedingungen für westliche Unternehmen auf dem chinesischen Markt sind dagegen oft miserabel. Es besteht also Handelsbedarf – der Status quo schadet der EU massiv!

Links und Quellen

Fabian Kretschmer: Die Angst Pekings vor einem harten EU-Kurs. In „Die Presse“ vom 28.08.2020: S: VII

https://www.spiegel.de/politik/ausland/anti-china-stimmung-in-europa-usa-indien-steht-ein-neuer-kalter-krieg-bevor-a-00000000-0002-0001-0000-000171667088

Christian Wüst (22.08.2020): Der Anti-Tesla. In: „Der Spiegel“ Nr. 35 vom 22.08.2020: S. 98ff.

https://www.zeit.de/politik/ausland/2020-09/investitionsabkommen-eu-china-ursula-von-der-leyen

Economist