Antiamerikanismus in Österreich

Man hört immer wieder die Amerikaner sind schuld. Die Amerikaner! Die Amerikaner machen amerikanische Politik. Das war immer schon so und ist auch wirklich so. Das ist auch ihr Recht als Großmacht.

Sind da jetzt die Amerikaner schuld daran oder vielleicht doch wir als Europäer? Wir haben uns in dieser Hinsicht immer recht gut ausgeruht! Natürlich vertreten die Amerikaner amerikanische Interessen in Europa, aber es sind die Europäer, die es zulassen, dass die Amerikaner ihre Interessen hier auch durchsetzen! Wir müssten uns auf eigene Beine stellen und sagen was wir in Europa wollen! … Das ist aber nicht der Fall!

Oberst Markus Reisner (Bundesheer), zitiert nach https://www.youtube.com/watch?v=wSGwroV8W6g

In diesem Artikel geht es also um Amerika. Genauer gesagt um seinen vermeintlich zu großen Einfluss in Europa und die Kritik daran. Kurz gesagt werden wir den Antiamerikanismus in Österreich diskutieren. Der Antiamerikanismus ist eine Haltung, die besonders in Österreich weit stärker ausgeprägt ist als anderswo in Europa. Freilich gibt es diesen verstärkt etwa auch in Deutschland und auch in Italien, aber Österreich sticht auf der unten gezeigten Landkarte Europas doch etwas hervor. Nur Griechenland hat in der EU eine ähnlich negative Einstellung zu den USA wie Österreich.

Eine fachliche Definition des Antiamerikanismus liefert uns zum Start der britische Publizist Christopher Hitchens:

Jemand ist anti-amerikanisch, wenn er oder sie andauernd Verachtung für die amerikanische Kultur zeigt und darüber hinaus jeden Gegner der US-Politik unterstützt, wer immer es auch sein mag

Christopher Hitchens, Quelle: https://www.theatlantic.com/magazine/archive/2005/03/ill-be-damned/303741/

In Österreich zeigt sich beim Thema USA oft eine seltene Einigkeit unter Linken wie Rechten: Die USA sind selten wohlgelitten. Gegenwärtig manifestiert sich der Antiamerikanismus auch etwa darin, dass manche Österreicher der Ukraine eine Niederlage wünschen und zwar weil Selenski als vermeintlich „amerikanischer Agent“ hier Krieg gegen Russland führt. Der Antiamerikanismus überträgt sich hier also sogar auf die Ukraine, weil diese angesichts des russischen Überfalls auf amerikanische Hilfe zurückgreift!

Wir werden in diesem Artikel nun mögliche Motive hinter dem rot-weiß-roten Antiamerikanismus diskutieren und uns auch realpolitisch die Welt im Jahr 2023 genauer ansehen. Können wir Europäer uns den Antiamerikanismus eigentlich überhaupt leisten? Was steckt hinter dieser Einstellung?

Die Öffentliche Meinung über die Vereinigten Staaten (2022); Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Public_opinion_on_the_US.png

„Dann kamen die Amerikaner und haben uns alles zsam ghaut“

Das ist ein Zitat meiner verstorbenen Großmutter und referenziert auf ihre persönlichen Erlebnisse im 2. Weltkrieg in Österreich. Zuerst schwebten in den Nächten (O-Ton meiner Großmutter) „Christbäume“ (das heißt Leuchtmarkierungen) auf Österreichs Großstädte nieder – in ihrem Fall war das vor allem Graz – und dann kurz darauf ab 1944 folgte Bombenhagel um Bombenhagel. Diesen war man hilflos ausgesetzt und sie verwüsteten Österreichs historische Städte. Die Schuld daran trägt aber freilich ein Österreicher, nämlich Hitler, der einen nicht zu gewinnenden Krieg mit dem britischen Empire, der Sowjetunion und den USA anzetteln musste.

Die Ressentiments gegen die Sieger des zweiten Weltkriegs sind jedenfalls in Österreich geblieben. Nicht vergessen hat man natürlich auch die Rolle der USA im Ersten Weltkrieg, als ihr Kriegseintritt 1917 ein (vom bisherigen Kriegsverlauf her womöglich faireres) militärisches Patt beendet und damit das Österreich-Ungarn der Habsburger nach vielen Jahrhunderten letztlich mit zerstört hat. Es wird dabei aber nicht beachtet, dass der Kriegseintritt der USA gegen Österreich erst spät im Dezember 1917 erfolgt ist, man bereits aber seit April 1917 Krieg gegen Deutschland geführt hat.

Während nach 1945 in anderen Teilen Westeuropas politische Dankbarkeit gegenüber den USA auch dadurch entstand, dass die USA als Schutzmacht gegen den Kommunismus fungierte, war dies in Österreich nicht der Fall. Die Neutralitätserklärung des Landes nach Abzug aller 4 Siegermächte überlagerte hierzulande das politische Bekenntnis zum Westen. Die Neutralität wurde zum Fetisch, während sich die 2. Republik gleichzeitig als westliche Demokratie im Herzen Europas entwickelte. Während die Ostdeutschen direkt erlebten, wie unterschiedlich Russen und Amerikaner „ihre“ Teile Deutschlands unterstützten bzw. unterdrückten, ersparte sich Österreich nach 1955 diese Teilung ebenso wie eine kommunistische Misswirtschaft.

Politischer Antiamerikanismus

Ein weiter Grund warum der Antiamerikanismus sich so stark etabliert hat, liegt in den politischen Lagern. Sowohl die SPÖ als auch FPÖ, einst beide durchsetzt mit Altnazis bzw. im Falle der SPÖ auch mit sowjetaffinen Linken, pflegten in der 2. Republik politisch eine Abneigung gegen die Amerikaner. Zu kapitalistisch, großbürgerlich, modern, unsozial, et cetera seien die USA.

Zwei Generationen lang pilgerten führende Nachwuchs-Sozis in die Sowjet-Zone DDR, um ihre linke Rebellion gegen den bösen Westen, die bösen USA, auszuleben, unter jenen übrigens auch der gegenwärtige deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz oder Wiens Bürgermeister Michael Ludwig. Naiv und stark links verblendet reisten sie in eine Diktatur, die auf die eigenen Bürger am eisernen Vorhang schießen musste, um sie vor dem amerikanisch geführten Westen zu bewahren. Man bewunderte also als westlicher Jungsozi und Rebell die Kommunisten, wohl weil man sie nicht am eigenen Leib hat erleben müssen. Genau aus diesem Grund nämlich schätzen die meisten Osteuropäer heute die Amerikaner um so mehr. Die ehemaligen Ostblockler kennen nämlich – anders als die westliche Linke – den real existierenden Sozialismus bestens aus eigener Erfahrung.

SPÖ und FPÖ hatten bei den meisten Wahlen in der zweiten Republik seit 1970 eine politische Mehrheit und haben damit sicher auch politisch lange den Mainstream in dieser Frage geprägt. Wenig zu einer Verbesserung des Antiamerikanismus in Österreich beigetragen hat die Sanktionierung des ÖVPlers Kurt Waldheim als Bundespräsident nach SPÖ Anschwärzungen. Grundlos, wie man heute weiß, denn Waldheim war weder Kriegsverbrecher noch antiwestlich. SPÖ-Heldenkanzler Kreisky dagegen hat palästinensische und arabische Terroristen in Wien hofiert und Jörg Haider seinerseits Libyens Diktator Gaddafi und Iraks Diktator Saddam Hussein, begleitet wohlgemerkt vom Wohlwollen der Leute, die heute Kreisky noch eine tolle Außenpolitik unterstellen und Haider politische Chuzpe. Beides wäre durchaus zu hinterfragen. Solche verschmitzten Aktionen „gegen die Amerikaner“ indirekt prägen aber ein Land politisch natürlich auf Dauer.

Europäische Präpotenz gegen die verbleibende Supermacht

Wenn am Buchmarkt für Sachbücher ab den 1990ern etwas sehr gut gelaufen ist, dann war es Lektüre, die die USA für ihre geopolitische Rolle kritisiert hat. Die USA wurden von der Schutzmacht gegen den Kommunismus zu einem ungeliebten Hegemon, zur letzten Supermacht, zur „Weltpolizei, die sich überall einmischen muss“ , zum Land der Rüstungsindustrie. Genauso lauten bis heute populäre Vorwürfe. Gleichzeitig haben die Europäer massiv abgerüstet und ihre Geopolitik weitgehend den USA überlassen. Die EU ist in linksliberalen Debatten in Brüssel stecken geblieben.

Europa, der Hort einstiger imperialer Geopolitik, hat seit der deutschen Einheit 1990 nur noch nach Innen geblickt. Die EU wurde stetig erweitert und ausgebaut, aber auf der Weltbühne war man völlig abgemeldet. Ohne die USA ging nichts, nicht einmal eine kleine Intervention am Balkan in Zeiten des Bürgerkrieg. China bekam den roten Teppich ausgerollt, um viele Industriegeheimnisse zu kopieren, obwohl es noch 1989 mitten in seiner Hauptstadt beim Tian’anmen-Massaker rund 2600 Protestierende (übrigens prodemokratische und prowestliche) einfach niedermetzeln ließ. Das Militär wurde in Deutschland wie auch in Österreich immer mehr zum Anachronismus, linke 68er Ideen setzten sich völlig durch. Das alles war nur möglich, weil die USA die Beibehaltung der Weltordnung mit ihren Soldaten garantierten. Moralisch fühlte man sich den USA gegenüber sogar überlegen! Beim Moralisieren ist Europa die Weltmacht geblieben.

Im Jahr 2022 war Europa dann derartig politisch korrekt und naiv aufgestellt, dass man den deutschen Grünen sogar die Außenpolitik des wichtigsten Landes Europas anvertraute, einer Partei von Alt-68ern die erst mal lernen musste, was harte Geopolitik überhaupt bedeutet. Deutsche Politiker regieren in Berlin, die sich wie die grüne Parteichefin Ricarda Lang am Aschermittwoch selbst im Fernsehen gratulieren, dass sie nun über Waffen sprechen und das Waffen nun nicht mehr „böse“, sondern im Bedarfsfall auch „gut“ sein können.

To cut a long story short: Europa hat sich in die geopolitische Lächerlichkeit manoevriert! Niemand hat es mehr ernst genommen, schon gar nicht ein Wladimir Putin, die Chinesen sowieso nicht und auch die Amerikaner immer weniger! Mit dem Antiamerikanismus im Gepäck konnte man es sich am Spielfeldrand gemütlich machen!

Was haben die Amerikaner eigentlich für Österreich getan?

Nun zurück nach Österreich. Hinterfragen wir nicht nur das Negative aus der Vergangenheit, sondern auch das Positive. Um Monty Phyton zu paraphrasieren: Was verdanken wir als Österreicher eigentlich den Amerikanern?

Politisch haben sie uns jedenfalls jahrzehntelangen Kommunismus erspart. Sie haben mit dem Marshallplan aus eigennützigen wie uneigennützigen Motiven Österreich wirtschaftlich massiv geholfen. Die Fundamente für viele Wasserkraftwerke in den Alpen etwa, die noch die Nazis einst gelegt haben, sind später mit amerikanischer Hilfe zu vollwertigen Speicherkraftwerken hochgezogen worden. Daher kommt heute viel wertvoller grüner und günstiger Strom. Auch die Demokratie wurde in Mitteleuropa von den Amerikanern (militärisch) wiedereingeführt. Wirtschaftlich sind die USA für Österreich das drittwichtigste Exportland mit einem Anteil von 11,1 Mrd. € im Jahr 2021. Wir machen also seit 1945 mit den Amerikanern gute Geschäfte.

Geopolitisch bekämpfen die Amerikaner den antiwestlichen Islamismus, der als antikolonialer Komplex gegen europäische Kolonialmächte entstanden ist. Dabei tragen die USA freilich auch viel Mitschuld an dessen Ausbreitung ! Es sollen hier die Fehler etwa der Bush-Administration nicht klein geredet werden, auch nicht die der Reagan Administration in Afghanistan, die Wurzeln des antieuropäischen Islamismus (!) liegen aber in der Geschichte des arabischen Raums. Schon ein Jahrtausend vor der Gründung der USA, waren es Muslime aus dem Nahen Osten, die Europäer aus Glaubensgründen in den diversesten Kriegen, Seeräuberüberfällen et cetera attackiert haben.

Es gäbe also bei realistischer Betrachtung aus österreichischer Sicht beides: viel Licht und ein wenig Schatten im Verhältnis mit den USA !

Fazit

Es gibt berechtigte historische Gründe in Österreich, die Amerikaner nicht zu mögen. Sie haben im Ersten Weltkrieg entschieden dazu beigetragen, das alte Österreich-Ungarn militärisch zu besiegen und mit Wilsons 14 Punkten zu zerstören und sie haben im 2. Weltkrieg Österreich massivst bombardiert und viele unschuldige Opfer dabei in Kauf genommen. Bei letzterer Frage waren die Briten aber – um Verhältnismäßigkeit zu zeigen – noch dreister und haben mutwillig historische Städte zerstört und unpräzise in Nachtangriffen noch viel wahlloser Zivilisten bombardiert.

ABER die Amerikaner haben uns mit dem Marshallplan nach 1945 auch entschieden geholfen und sie waren wohl DER entscheidende Grund warum uns eine kommunistische Diktatur nach 1945 erspart geblieben ist. Briten und Franzosen alleine, hätten Österreich wohl das kommunistische Joch nicht ersparen können. Auch die EU ist historisch gesehen ohne den Schutzschirm der NATO nicht wirklich denkbar, wenn man ehrlich ist, ebensowenig wie der Sieg im Kalten Krieg inklusive europäischer Einheit ohne die Rüstungspolitik der USA entstanden wäre.

In der heutigen Zeit müssen wir US-Präsident Trump dankbar sein, dass er uns gelehrt hat, dass man China wirtschaftlich einschränken kann, darf und muss! Ganz einfach weil man nicht zulassen darf, dass eine kommunistische Diktatur sämtliche westliche Firmen aufkauft und deren Technologie dann absaugt. Wir sollten US-Präsident Biden dankbar sein, dass er der Ukraine derartig viel Hilfe für eine adequate Verteidigung zugestanden hat. Die EU mit ihren 440 Millionen Einwohnern hätte alleine ohne die Amerikaner der Unterwerfung der Ukraine hilflos zugesehen und wäre dann von Putin als Draufgabe politisch und wirtschaftlich auch noch erpresst worden. Trump hat zudem ab 2015 die Europäer völlig zu Recht als Opportunisten kritisiert und angemerkt, dass ihre Verteidigungsausgaben geopolitisch gesehen ein Witz seien und dass man sich ungeniert am Rücken der Amerikaner ausruhte!

Sehr dankbar müssen wir auch den US-Geheimdiensten und Spezialkommandos sein, die antiwestliche islamistische Terroristen ständig rund um die Welt verfolgen und ausschalten, bevor es in Europa wieder zu terroristischen Großangriffen kommt. Der IS als „Staat“ wurde ebenso von den Amerikanern mithilfe kurdischer und irakischer Truppen liquidiert. Wenn die Amerikaner jedoch im Irakkrieg oder anderswo politisch fatale Fehler begehen, dann müssen selbstbewusste Europäer aber auch lernen dagegen zu halten um nocheinmal Oberst Markus Reisner zu zitieren:

Natürlich haben die Amerikaner amerikanische Interessen in Europa. Aber es sind die Europäer, die es zulassen, dass die Amerikaner ihre amerikanischen Interessen hier durchsetzen! Wir müssten uns selber auf die Beine stellen und sagen was wir in Europa wollen!

Oberst Markus Reisner (Bundesheer), zitiert nach https://www.youtube.com/watch?v=wSGwroV8W6g

FAZIT dieses Artikels ist also folgendes: Momentan geht es ohne die Amerikaner geopolitisch nicht. Antiamerikanismus kann man sich geopolitisch schlicht nicht leisten, sofern die Alternativen dystopische Dikaturen wie China (Danke für Corona) oder Russland sind. Abgesehen davon teilen wir Österreicher mit den Amerikanern unzählige gemeinsame westliche Werte: Demokratie, Marktwirtschaft, Freiheit et cetera. Trotzdem wäre es natürlich höchst an der Zeit, dass die Europäer das Heft politischen Handelns in Europa endlich selbst in die Hand nehmen! Es wäre aber jedenfalls kontraproduktiv und geradezu absurd, heute die USA – unseren wichtigsten Verbündeten in der Welt – abzulehnen und die Welt den Diktaturen Russland und China zu überlassen!

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Links & Quellen

https://www.youtube.com/watch?v=wSGwroV8W6g

https://wk1.staatsarchiv.at/diplomatie-zwischen-krieg-und-frieden/kriegserklaerung-der-usa-an-oesterreich-ungarn-1917/

https://de.statista.com/statistik/daten/studie/217600/umfrage/wichtigste-exportlaender-fuer-oesterreich/