
Die österreichische Bundesregierung bemüht seit Monaten die Rhetorik von „strikter Haushaltsdisziplin“ und einem „notwendigen Sparkurs“. Diese Sonntagsreden sollen Stabilität vermitteln, doch die kalten, harten Fakten aus dem Finanzministerium erzählen eine fundamental andere, zutiefst beunruhigende Geschichte: Bis August 2025 lagen die Staatsausgaben um über 20 % höher als die Einnahmen. Innerhalb von nur acht Monaten schoss die Ausgabenquote des Bundes um alarmierende 22 % in die Höhe und das obwohl der Staat gleichzeitig Rekordeinnahmen aus einer der höchsten Steuerlasten Europas verzeichnete. Diese massive Diskrepanz zwischen politischer Beschwörung und finanzieller Realität ist nicht bloß ein Versehen; sie ist der Ausdruck einer strukturell verfehlten Finanzpolitik, die Österreichs Wohlstandsmodell gefährdet.
Führende Ökonomen des liberalen Instituts Agenda Austria um Franz Schellhorn benennen (neben vielen anderen) das Problem unmissverständlich: Österreich leidet nicht unter zu geringen Einnahmen, sondern unter einem Ausgabenexzess, der durch einen Mangel an politischem Mut, klarer Prioritätensetzung und jeder Reformbereitschaft befeuert wird. Trotz der beispiellosen Einnahmen verwandelt die Politik das hart verdiente Steuergeld in eines der größten Defizite Europas – eine Tatsache, die Österreich im EU-Vergleich auf den unrühmlichen vierten Platz beim Budgetdefizit 2025 katapultiert. Anstatt einen klaren Konsolidierungspfad einzuschlagen, verzettelt sich die Regierung in semantischen Debatten, bei denen „Sparen“ nur noch bedeutet, weniger zusätzlich auszugeben als ursprünglich geplant. Die „Sparpolitik“ ist somit ein gefährlicher semantischer Trick.
Dieser Artikel legt dar, warum die Behauptung eines Einnahmenproblems eine bewusste Ablenkung vom eigentlichen Kern der Krise ist. Es ist der überbordende Staat, der durch ungezügelte Förderungen, Subventionen und Bürokratieausbau zur Wachstumsbremse wird und das Vertrauen der Finanzmärkte schleichend untergräbt. Wir zeigen, dass nur harte, strukturelle Reformen die Schuldenkrise abwenden könnten, die ansonsten den finanziellen Spielraum zukünftiger Generationen verspielt.

Österreich hat kein Einnahmen-, sondern ein Ausgabenproblem
Die liberale Denkfabrik Agenda Austria weist neben einigen anderen liberalen Wirtschaftsforschern, Journalisten und Politikern regelmäßig darauf hin, dass Österreich innerhalb der EU zu den Ländern mit den höchsten Steuereinnahmen zählt – nur Belgien liegt noch vor Österreich. Gleichzeitig verwandelt die Politik diese hohen Einnahmen dann in eines der größten Defizite Europas. Im EU-Vergleich liegt Österreich 2025 beim Budgetdefizit etwa auf dem unrühmlichen Platz vier. Diese Situation verdeutlicht deshalb eines ziemlich klar: Das Problem liegt nicht auf der Einnahmenseite. Der Staat nimmt ausreichend Geld ein, um seine Kernaufgaben zu erfüllen, aber anstatt danach mit dem hart verdienten Steuergeld effizient zu wirtschaften, wird das Geld unkontrolliert verteilt. Förderungen, Subventionen, neue Sozialleistungen und Bürokratieausbau lassen die Staatsquote steigen.
So wird etwa anstatt eines klaren und harten Konsolidierungspfads aktuell in der Regierung über absolute Detailfragen gestritten – etwa ob das Defizit nun aufgrund einer Mini-Pensionskürzung nun 4,4 oder 4,6 Prozent des BIP beträgt. Diese politischen Debatten verkennen dabei natürlich das eigentliche Problem: die totale strukturelle Schieflage der Staatsfinanzen. Christian Ortner richtete in der „Presse“ in zunehmend gefühlter Verzweiflung einen Appell an die österreichische Regierung, wonach es so nicht weitergehen könne:
Verstehen Sie doch, wir sind pleite!
Christian Ortner, in „Die Presse“ vom 03.10.2025: S.29
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Die „Sparpolitik“ ist ein semantischer Trick
In Österreich hat sich eine gefährliche semantische Verschiebung des Begriffs „Sparen“ etabliert. Wenn Regierungsvertreter von Einsparungen oder einem „Sparkurs“ sprechen, meinen sie in der Regel nur, dass weniger zusätzlich ausgegeben wird, als es in den ursprünglich überzogenen Maximalplänen vorgesehen war – die tatsächlichen Ausgaben steigen damit aber faktisch weiter an, nur langsamer als in der Fantasierechnung.
Die liberale Denkfabrik Agenda Austria spricht in diesem Zusammenhang treffend von „Haushaltsfolklore“: In glänzenden Sonntagsreden wird die Tugend der Sparsamkeit beschworen und die Bevölkerung zur Solidarität aufgerufen. In der politischen Praxis jedoch bleiben nahezu alle Ausgabentöpfe weiter geöffnet. Dies ist der Kern des Problems: Es findet keine echte Überprüfung und Reduktion bestehender Subventionen, Förderungen oder Strukturkosten statt. Es wird lediglich die Dynamik des Zuwachses leicht gebremst, während die absolute Ausgabenhöhe weiter wächst. Besonders perfide: Die eigentlichen „Einsparungen“ finden bei den Bürgerinnen und Bürgern statt. Durch steigende Gebühren und neue Abgaben wird der private Spielraum eingeschränkt, während der Staat selbst weiter expandiert. Bürger sparen somit – der Staat nicht. Das führt zu einem dreifachen Widerspruch:
- Ignoranz der EU-Maastricht-Schuldenkriterien: Es wird von Haushaltsdisziplin gesprochen, während gleichzeitig die europäischen Defizitgrenzen (3% des BIP) regelmäßig und wissentlich ignoriert wird.
- Keine Prioritätensetzung: Anstatt harte Prioritäten zu setzen – also unproduktive Ausgaben zu streichen, um zukunftsgerichtete Investitionen zu ermöglichen – wird der Kuchen lediglich in immer kleinere Stücke geteilt
- Die Perfidie der Verlagerung: Die eigentlichen „Einsparungen“ oder besser gesagt Lastensteigerungen finden bei den Bürgerinnen und Bürgern statt.

Jahrzehntelange politische Fehlsteuerung statt Pechsträhne
Die aktuelle Budgetmisere Österreichs ist keineswegs ein plötzliches Unglück oder eine unvorhersehbare Pechsträhne. Sie ist die direkte Konsequenz einer jahrelangen, strukturellen politischen Fehlsteuerung. Der Kern einer jeden soliden und nachhaltigen Finanzpolitik ist die Fähigkeit, das simple, aber mächtige Wort „Nein“ zu nutzen: Nein zu neuen, ungedeckten Ausgaben, Nein zu teuren Wahlgeschenken kurz vor Abstimmungen, und Nein zu überzogenen Forderungen mächtiger Lobbys und Interessengruppen. In der politischen Kultur Österreichs ist dieses Wort jedoch zur Rarität geworden. Stattdessen dominieren das Prinzip des „Gießkannenprinzips“ und die Politik des Entgegenkommens. Jede Partei, jeder Koalitionspartner und jede einflussreiche Gruppe erhält ihren Anteil, um den politischen Frieden zu sichern – ein Mechanismus, der die Ausgabenspirale unaufhaltsam antreibt.
Dieses Versagen zeigte sich besonders deutlich auf der Ebene der Haushaltsverantwortung. Finanzminister, wie zuletzt Magnus Brunner, gerieten in eine unrühmlich taktische Zwickmühle. Es ist offensichtlich, dass das Wörtchen „Nein“ nicht in ihrem Repertoire war, als die türkis-grünen Regierungschefs (Nehammer und Kogler) immer weitere Milliardenausgaben ohne solide Gegenfinanzierung durchsetzten. Die Aufgabe des Finanzministers – die Rolle des Hüters des Geldes – wurde zugunsten des politischen Machterhalts und der kurzfristigen Popularität geopfert.
Österreich verzichtet nun schon seit Jahren darauf, seine Haushaltsstruktur an veränderte Rahmenbedingungen anzupassen. Während andere EU-Länder in Krisenzeiten härtere Konsolidierungsprogramme starten, verteilt Österreich seit jeher weiterhin großzügig Geld, das es nicht hat und nie hatte. Auf Dauer wird diese Rechnung jedenfalls nicht aufgehen! Diese fehlende Reformbereitschaft hat eine gefährliche Dynamik geschaffen: Strukturelle Defizite verfestigen sich während die Zinslast steigt.
Der überbordende Staat wird zur Wachstumsbremse
Mit Staatsausgaben in schwindelerregender Höhe von 57 % der Wirtschaftsleistung hat sich Österreich in eine fiskalische Gefahrenzone manövriert und ist damit ans untere Ende der europäischen Wachstumstabellen gerutscht. Diese Staatsquote, die zu den höchsten in der Eurozone zählt, kehrt die ökonomische Logik um: Anstatt als Motor für Wachstum und Innovation zu fungieren, wirkt der Staat zunehmend als schwere Bremse für die wirtschaftliche Dynamik.
Besonders die politische Linke, repräsentiert durch Teile der SPÖ, hält hartnäckig am überkommenen Paradigma fest, der Staat sei der zentrale und unumgängliche Wohlstandsgenerator. Die Vorstellung, dass eine massive Umverteilung und staatliche Intervention automatisch Wohlstand schaffen, ignoriert jedoch die negativen Opportunitätskosten und die erstickende Wirkung überhöhter Staatsquoten. In Wahrheit erstickt der ausufernde Staat die für eine moderne Ökonomie lebenswichtige Innovation und Wettbewerbsfähigkeit. Dies geschieht über mehrere Kanäle:
- Bürokratie und Regulierung: Ein immer größerer Verwaltungsapparat zieht eine wachsende Bürokratie nach sich, die Unternehmen mit Auflagen und Genehmigungsverfahren lähmt und sie von produktiven Tätigkeiten abhält.
- Ineffiziente Strukturen: Das Geld wird oft in ineffizienten staatlichen Strukturen gebunden, anstatt es in zukunftsträchtige Bereiche wie Forschung, Digitalisierung und Infrastruktur fließen zu lassen.
- Verzerrte Anreize: Das ausufernde Sozialsystem kann in seiner jetzigen Form Anreize zur Arbeitsaufnahme dämpfen und damit den Mangel an Fachkräften in wichtigen Sektoren verschärfen.
All diese Faktoren erhöhen die Produktionskosten, verringern die Rentabilität von Unternehmungen und verhindern somit dringend notwendige Investitionen in den privaten Sektor. Eine Staatsquote in dieser Höhe ist langfristig schlicht nicht mehr finanzierbar ohne die ökonomische Grundlage des Landes nachhaltig zu beschädigen. Der Versuch, diesen Mammutstaat über Wasser zu halten, führt zu einer toxischen Reaktion der Politik, nämlich der ständigen Suche nach neuen Einnahmequellen.

Fehlender Reformwille untergräbt Vertrauen der Finanzmärkte
Die internationalen Kapitalmärkte beobachten Österreich derweil genau. Bisher zeigen sie sich mit ihren Kredit-Ratings ziemlich geduldig, doch diese Geduld ist nicht unendlich. Österreich wurde zuletzt bereits herabgestuft und wird in der Zukunft weiter an Kreditwürdigkeit einbüßen. Die Folgen sind dann noch viel höhere Zinsen, die den Staat noch viel mehr belasten werden! Dabei gibt Österreich bereits heute mehr als ein Drittel des Bundesbudgets für Zinsen und Pensionen aus. Diese strukturellen Fixkosten engen dabei den finanziellen Spielraum immer weiter ein. Für Investitionen in die Zukunft, in die Wirtschaft und Infrastruktur bleibt immer weniger Geld übrig.
Aktuell lebt Österreich noch von seiner guten Bonität in der Vergangenheit – doch dieses Image kann rasch erodieren, wenn keine glaubwürdige Konsolidierungsstrategie erkennbar ist. Ankündigungen ohne Taten, Reformversprechen ohne Umsetzung, Sparpakete ohne echte Einsparungen – dieses Muster beschädigt das Vertrauen nicht nur der Märkte, sondern auch der eigenen Bürger. Mittlerweile beklagen viele auch linke Journalisten in Österreich, wie Newsflix-Herausgeber Christian Nusser, unisono die Unfähigkeit der neuen Dreierkoalition aus ÖVP, SPÖ und NEOS:
Reihum kritisierten die Journalistinnen und Journalisten den Stillstand, die Abwesenheit mutiger Reformen, das Fehlen der Pranke, die neue Wege freimacht. Nach nur sieben Monaten ist der Zauber des Neuen verflogen. Am Dienstag dieser Woche erfuhren wir, dass die Arbeitslosen-Quote zum 30. Mal in Folge gestiegen ist, diesmal um 5,8 Prozent. Am Mittwoch erfuhren wir, dass die Inflation bei 4 Prozent festklebt, es gibt in der Eurozone nur vier Länder, die schlechter liegen. Am Donnerstag erfuhren wir, dass dem Budget eine weitere Milliarde fehlt.
Christian Nusser, zitiert nach https://www.newsflix.at/s/7-monate-regierung-warum-die-aktuelle-lage-kein-wunder-ist-120135099
Fazit
Österreich geht es finanziell also überhaupt nicht gut. Linke Politiker rufen deshalb trotz Rekordsteuerbelastung nach noch höheren Steuern. Neue Steuern auf Vermögen oder Kapital können das strukturelle Defizit einer verfehlten Ausgabenpolitik aber nicht lösen – sie würden bestenfalls kurzfristig Mehreinnahmen bringen, langfristig jedoch Investoren abschrecken und Kapitalabfluss fördern. Das zeigt jedenfalls die Erfahrung der Vergangenheit, wo österreichische Politiker es trotz Rekordsteuereinnahmen noch immer geschafft haben, noch mehr auszugeben. Österreich braucht vielmehr harte Einschnitte und Reformen! Darunter fallen die folgenden Punkte: eine Neuordnung der Förderlandschaft, eine Reform des aufgeblähten Pensionssystems, eine Entbürokratisierung der Verwaltung und eine klare Prioritätensetzung bei Staatsausgaben. Nur mit solchen strukturellen Reformen ließe sich das Budget nachhaltig stabilisieren.
Ein ausgeglichener Haushalt ist dabei kein Selbstzweck, sondern die Grundlage für Stabilität, Sicherheit und Wohlstand. Wenn die Zinslast weiter stark ansteigt, die Schuldenquote weiter rasant wächst und das Vertrauen der Märkte schwindet, verliert der Staat irgendwann fiskalisch seine Handlungsfähigkeit. Ohne eine klare Konsolidierungsstrategie wird Österreich deshalb in den kommenden Jahren kaum noch in der Lage sein, auf Krisen flexibel zu reagieren oder Zukunftsinvestitionen zu tätigen. Aus bürgerlicher Perspektive ist die österreichische Budgetpolitik bis 2025 deshalb ein trauriges Lehrstück für Reformverweigerung. Das Land verfügt dank viel zu hoher Steuern über sehr hohe Einnahmen, aber es fehlt völlig an Prioritäten, Mut und langfristiger Strategie. Die Politik hat es über Jahre verabsäumt, Strukturen anzupassen, Privilegien abzubauen und Ausgaben zu kontrollieren.
Wer die Konsolidierung wie Finanzminister Marterbauer und diese eher mutlose Regierung weiter hinauszögert, der verspielt endgültig für Jahre den finanziellen Spielraum künftiger Generationen. Österreich steht an einem Scheideweg: Entweder gelingt eine mutige Trendwende – oder das Land rutscht schleichend in eine Schuldenkrise, die sein Wohlstandsmodell in Frage stellt.
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https://www.agenda-austria.at/
https://www.newsflix.at/s/7-monate-regierung-warum-die-aktuelle-lage-kein-wunder-ist-120135099