Österreichs Staatsquote explodiert: Was nun?

Wien Bundeskanzleramt am Ballhausplatz; Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Bundeskanzleramt_Ballhausplatz_Wien_2007.jpg

In diesem Artikel möchten wir uns mit dem staatlichen Einfluss auf die Wirtschaft gemessen am BIP auseinandersetzen: Wann ist es sinnvoll, als Staat eine höhere Staatsquote zu haben und wann eher nicht? Dieser Artikel ist angesichts der explodierenden Staatsquote Österreichs hochaktuell, bei welcher wir mittlerweile unter den Top 3 (!) in der EU liegen. Die Staatsquote misst den Anteil der Staatsausgaben am Bruttoinlandsprodukt (BIP) und hier liegt in der EU Österreich mit aktuell rund 55,9 Prozent laut einer Statistik der Agenda Austria bereits auf Platz 3 hinter Frankreich und Griechenland. Das ist nicht gerade wenig. Der österreichische Staat gibt also mittlerweile so viel Geld aus wie 56 Prozent unserer gesamten gemessenen wirtschaftlichen Wertschöpfung.

Was bedeutet diese Zahl nun? Der Staat hat immer mehr Ausgaben für soziale, wirtschaftliche, sicherheitsrelevante Belange und wird in unserer lokalen Wirtschaft immer dominanter. Die Unternehmen, wie auch die Bürger gewöhnen sich immer stärker daran nach staatlichen Eingriffen zu rufen, anstatt selbst wirtschaftliche Auswege zu finden. Irgendeine finanzielle Hilfe wird ja wohl kommen und die wirtschaftlichen Wogen stabilisieren. In Wien waren etwa 2019 von 1,9 Millionen Einwohnern nicht einmal 900.000 erwerbstätig, was Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz damals zu folgender Aussage motivierte:

Ich glaube nicht, dass es eine gute Entwicklung ist, wenn immer weniger Menschen in der Früh aufstehen, um zu arbeiten, und in immer mehr Familien nur mehr die Kinder in der Früh aufstehen, um in die Schule zu gehen.

Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz; Quelle: https://orf.at/stories/3107219/

In diesem Artikel wollen wir uns daher nun mit dem Anteil des Staates an der Wirtschaft etwas genauer beschäftigen. Anhand von Positiv- wie Negativbeispielen von europäischen Ländern wird eine Einschätzung vorgenommen, welche Services der Staat unbedingt anbieten sollte und von welchen eher abzusehen ist. Beginnen möchten wir mit einem großen Vergleich innerhalb der Europäischen Union! Wie hat sich dort die Staatsquote in den letzten 20 Jahren entwickelt?

Der Einfluss des Staates in Österreich

Der Agenda-Austria Ökonom Marcell Göttert gab zum aktuellen Stand folgende Analyse ab:

In Österreich ist die Staatsquote, also die Staatsausgaben gemessen am BIP, in den letzten 20 Jahren um 4,5 Prozentpunkte gewachsen. Einen großen Anteil daran hatten jüngst die Corona-Hilfen. … Österreich muss sich die Frage stellen, an welchen Staaten es sich orientieren möchte. Folgen wir Frankreich, Griechenland und Italien? Oder sehen wir unser Vorbild doch eher bei den Dänen und Schweden?

https://www.agenda-austria.at/grafiken/oesterreich-hat-die-dritthoechste-staatsquote-in-der-eu/

Das bedeutet, dass in Österreich der Staat eine immer größere Rolle in der Wirtschaft übernimmt. Droht MAN in Steyr zuzusperren, ruft die Opposition nach einem staatlichen Eingriff. Kommt es zum Lockdown, soll der Staat möglichst alle Kosten der privaten Unternehmen tragen. Wird das Gas teurer, sollen Gas-Konsumenten, die jahrzehntelang günstigst heizen konnten, natürlich sofort vom Staat finanziell unterstützt werden. Privatwirtschaftliche Wagnisse werden hintangestellt, eine Vollkasko-Mentalität breitet sich aus. Was freilich nicht heißen soll, dass man den Armen und Ärmsten nicht helfen soll! Diese haben nämlich finanziell keine Chance, ihre Heizung zu wechseln und verdienen daher Unterstützung, wenn sie mit ihrem Geld nur unzulänglich auskommen. Der Eigenheimbesitzer in der Vorstadt aber hat hier aber wohl idR andere Voraussetzungen.

Ditto explodiert seit Jahren der soziale Sektor der Transferleistungen, wo der Staat beispielsweise hunderttausende Asylwerber jahrelang vollständig finanziell erhält. Illegale Migration aus Drittstaaten ins österreichische Sozialsystem ist bereits eine jahrelange Realität in Österreich. Das muss aber nicht sein – siehe zB die USA. Diese sind ein Einwanderungsland, welches sich dadurch charakterisiert, dass man für seinen Lebensunterhalt in erster Linie selbst aufkommen muss. Eine geringere Staatsquote von rund 37 Prozent 2022 ergibt sich daraus naturgemäß. Wie auch weit geringere Steuern und mehr ökonomische Freiheiten für jeden einzelnen. Der österreichische Staat könnte bei der Auszahlung seiner Leistungen hierzulande also durchaus mehr knausern, etwa erst kürzlich Zugezogene gegenüber Autochthonen stärker benachteiligen und eine hohe Erwerbsbeteiligung von Menschen mit Migrationshintergrund aktiv und ökonomisch einzufordern.

Die autochthonen, gebürtigen Österreicher haben etwa eine weit höhere Erwerbsquote als alle Migrantengruppen hierzulande, ausgenommen lediglich jene aus den EU-15-Staaten. Diese Gruppe kommt nahe an die österreichische Erwerbsquote heran und ist damit die absolute Ausnahme unter allen Ausländern hierzulande. Österreichs Sozialstaat finanziert vielmehr en masse patriarchale (nahöstliche) Lebensverhältnisse von Migranten, charakterisiert von einem männlichen Erwerbstätigen und einer Hausfrau mit vielen Kindern. Es ist daher in Österreich längst an der Zeit, diesen Entwicklungen Einhalt zu gebieten: Der Staat kann in einer multikulturellen Gesellschaft mit divergierenden Wertvorstellungen nicht derart viel Geld verteilen, welches er zudem gar nicht hat (jahrzehntelange Budgetdefizite).

London

Großbritannien: Zu wenig Staat?

Ein Extrembeispiel für ein hochentwickeltes Land in Europa mit einem teilweise (!) wohl zu geringen Staatsanteil ist Großbritannien. Die Staatsquote liegt hier mit 41,7 Prozent (2022) bedeutend niedriger, denn anders als in Österreich hat der britische Staat schon seit den 1980er Jahren viele in Österreich alltägliche Dienstleistungen an Private ausgelagert. Darunter fällt etwa das britische Eisenbahnwesen, die Energieversorgung und sogar die britische Wasserversorgung. Hier wurde damals vieles privatisiert und damit die Staatsquote gedrückt, aber nun müssen die Konsumenten für einen – wie sie oft beklagen – schlechteren Service an private Firmen mit Gewinnabsicht mehr Gebühren für alltägliche Dienstleistungen bezahlen. Was den Sinn einer Absenkung der Staatsquote – mehr private Effizienz und weniger staatliche Ressourcenvergeudung – natürlich ad absurdum führt.

Die Regierung Thatcher hatte hier damals in den 1980ern aus einer richtigen Intention heraus – das Land befand sich Jahrzehnte im chaotischen Würgegriff von Gewerkschaften etwa der Kohlebergleute – eine massive Privatisierungswelle in Gang gebracht. Mit positiven Folgen: Wirtschaftlich boomte Großbritannien seit diesen Reformen massiv! Weil aber damals teilweise übertrieben wurde und heute ehemals staatliche Services bei schlechter Qualität von privaten Versorgern immer teurer werden, ist die öffentliche Meinung bei lebensrelevanten Teilbereichen, wie der Wasserversorgung, nun aber eine andere. Die Presse umschrieb diese Einstellung so:

England träumt von der Verstaatlichung

Peter Stäuber in „Die Presse“ (20.08.2022): S. 13

Im Hitzesommer 2022 kam es nämlich auch bei der Wasserversorgung in Großbritannien zu Engpässen. Wasserfirmen hatten seit der Privatisierung 1991 nur wenig in neue Anlagen investiert, bestehende schlecht gewartet, aber die Preise für Konsumenten inflationsbereinigt (!) um 40 Prozent erhöht. Heute verliert deshalb etwa der private Londoner Wasserversorger Thames Water jeden Tag fast 25% seines Wassers durch marode Wasserleitungen. Es läuft also einiges falsch im Staate Großbritannien. Für schlechten Service berühmt berüchtigt sind auch die britischen Eisenbahnen und nun in der Energiekrise die privaten Energieversorger. Laut Umfragen fordern deshalb nun sogar 69 Prozent der konservativen Tory-Wähler (!) eine staatliche Wasserversorgung und sogar 62 Prozent verstaatlichte Energieunternehmen.

Zürich

Die Schweiz: Ein Positivbeispiel für eine niedrige Staatsquote

Im Jahr 2021 lag die Staatsquote in der Schweiz bei lediglich 34,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts und somit fast 20 Prozent unter der Österreichischen. Es lohnt sich daher, einen Blick zu den Eidgenossen zu werfen, die mit Abstand pro Kopf das reichste, größere Land in Europa sind – Mikrostaaten wie Luxemburg und Liechtenstein ausgenommen. In Zahlen ausgedrückt, liegt die kaufkraftbereinigte Wirtschaftsleistung pro Kopf 57 Prozent über dem OECD-Durchschnitt, also dem Klub der übrigen reichen Industrieländer. Ein Grund dafür ist eine enorm hohe Produktivität vor allem im exportorientierten Sektor. Peter A. Fischer beschreibt in der NZZ den „Erfolgscocktail“ der Schweiz folgendermaßen:

Helvetien ist ein kleines europäisches Land inmitten der EU, dem es dank früher Industrialisierung, weitgehender Unversehrtheit bei Kriegen, überdurchschnittlich grosser Offenheit, liberaler Grundhaltung und einem verhältnismässig schlanken Staat bemerkenswert gut gelungen ist, sich in der internationalen Arbeitsteilung auf hoch entlöhnte Tätigkeiten zu spezialisieren.

https://www.nzz.ch/meinung/eu-produktivitaet-und-reformstau-wie-weiter-mit-der-schweiz-ld.1606238?reduced=true

Der Staatssektor wird ein Land also ab einem gewissen Punkt nicht mehr besser, reicher und produktiver machen, weil der Produktivität der öffentlichen Eingriffe wirtschaftliche Grenzen gesetzt sind. Fischer formuliert das folgendermaßen anschaulich:

Mit anderen Worten verdienen die Kellner, Coiffeure, Vorarbeiter oder Krankenschwestern in der Schweiz mehr als in anderen Ländern, weil das allgemeine Lohnniveau dank dem leistungsstarken Exportsektor höher ist.

https://www.nzz.ch/meinung/eu-produktivitaet-und-reformstau-wie-weiter-mit-der-schweiz-ld.1606238?reduced=true

Wenn also im Burgenland ein Hans Peter Doskozil (SPÖ) die Gehälter von öffentlichen Bediensteten auf Pump erhöht, dann ist das wirtschaftlich wenig nachhaltig und produktiv für den Staat als Arbeitgeber. Solange zumindest nicht, bis die Privatwirtschaft und die Bürger durch ihren Erfolg ausreichend Steuereinnahmen bezahlen, um diese Ausgaben auch nachhaltig finanzieren zu können. Das Geld muss erst einmal erwirtschaftet werden, bevor es der Staat ausgeben kann.

Fazit

Es gibt natürlich berechtigte Bereiche in der Wirtschaft, wo der Staat den Takt vorgeben soll: Trinkwasserversorgung, Gesundheitsdienstleistungen und der öffentliche Transport sind hierfür Paradebeispiele. Hier muss den Konsumenten ein wichtiges Gut öffentlich und möglichst günstig angeboten werden, ohne freilich die essentielle Wartung der Infrastruktur von Wasserleitungen, Eisenbahnen und Krankenhäusern zu vernachlässigen, wie es etwa in Großbritannien leider der Fall ist. Bei den Energieunternehmen bewährt sich das österreichische Modell von mehreren Anbietern, die zum Großteil der öffentlichen Hand gehören. Denn ohne Monopolanbieter und durch Konkurrenz kann man in normalen Zeiten die Preise am Markt für den Endverbraucher reduzieren, was wünschenswert ist.

Summa sumarum aber sind Staatsquote und Staatsgläubigkeit in Österreich definitiv zu hoch sowie zu ausgeprägt. Es ist nicht gut, wenn wir in der EU im Spitzenfeld mit Ländern wie Griechenland und Frankreich liegen, die für ihre ineffiziente und verschwenderische Staatswirtschaft berühmt-berüchtigt sind. Großen Anteil an Platz 3 haben natürlich auch die teuren Corona-Hilfen. Wenn die Regierung an Private über viele Zuschüsse und an Firmen über die Cofag Milliardenhilfen ausschüttet, wird das hierzulande gerne allgemein bejubelt. Nur wenige denken dabei an die finanziellen Folgen für die nächsten Generationen. Aber auch die wirtschaftliche Struktur des Landes ist von großer Relevanz bei solch teuren Staatseingriffen. Heute setzt Österreich etwa zu stark auf den Tourismus und wird dabei immer abhängiger von ausländischen, billigen Arbeitskräften. Eine Krise wäre hier deshalb eine gute Chance diese Entwicklung auf marktwirtschaftlichem Weg zu bremsen.

Vorhandene Gelder und Arbeitskräfte sollte man zumindest teilweise vom Tourismus in besser bezahlte Industrie- und Dienstleistungsjobs umleiten, damit die enorme wirtschaftliche Tourismusabhängigkeit (~15 % am BIP) schrittweise reduziert wird. Das funktioniert aber nicht, wenn man als Staat 2020-2022 großzügig viele defizitäre Tourismusbetriebe weiter mit öffentlichem Geld am Leben erhält. Ähnliches gilt für alle anderen defizitären Betriebe ( „Zombie-Unternehmen“ ), welche anderswo dringend benötigte Arbeitskräfte für einen Unternehmenszweck binden, welcher am Markt früher oder später scheitern wird.

Mehr zum Thema österreichische Staatswirtschaft und Etatismus siehe: https://www.dermaerz.at/etatismus-die-spoe-idee-vom-verstaatlichen-der-wirtschaft/

Links & Quellen

https://www.agenda-austria.at/grafiken/oesterreich-hat-die-dritthoechste-staatsquote-in-der-eu/

Peter Stäuber: England träumt von der Verstaatlichung. In: „Die Presse“ vom 20.08.2022: S. 13

https://www.nzz.ch/meinung/eu-produktivitaet-und-reformstau-wie-weiter-mit-der-schweiz-ld.1606238?reduced=true

https://de.statista.com/statistik/daten/studie/158265/umfrage/staatsquote-in-grossbritannien/

https://de.statista.com/statistik/daten/studie/216779/umfrage/staatsquote-in-der-schweiz/