Österreich: Die einstige industrielle Rüstungsgroßmacht!

Modernste Artillerie, Panzer und Flugzeuge: Alles stammt aus österreichischer Produktion

Wenigen Österreichern ist heute bewusst, welche wichtige Rolle die heimische Rüstungsindustrie in den letzten zwei Weltkriegen gespielt hat. Zehntausende Stücke an qualitativ hochwertigen und hochmodernen Kriegsgeräten wurden in Österreich bzw. in österreichischen Firmen gefertigt, um auf den Schlachtfeldern eingesetzt zu werden. Sie wurden in österreichischen Unternehmen entwickelt und produziert – nicht selten mit einer Präzision und Innovationskraft, die europaweit Maßstäbe setzte. Die Namen der Standorte wie St. Valentin, Wiener Neustadt oder Pilsen werden heute kaum noch mit Rüstung in Verbindung gebracht. Dennoch waren sie bedeutende Pfeiler der militärisch-industriellen Komplexe – erst der k.u.k.-Monarchie, später des nationalsozialistischen Deutschlands. Pilsen verdankt etwa dem altösterreichischen Adligen Ernst Graf von Waldstein die Gründung der Skodawerke, die in der damals gemischt deutsch-tschechisch-sprachigen Stadt angesiedelt worden sind.

Das größte, modernste und einzige Panzerwerk (!) mit modernster Fließbandfertigung im Dritten Reich befand sich in St. Valentin in Niederösterreich. Das so genannte „Nibelungenwerk“ fertigte alleine die Hälfte aller Panzer IV, welcher nicht nur der meistgebauteste deutsche Panzer, sondern in der zweiten Kriegshälfte auch der wichtigste war. Das wichtigste deutsche Jagdflugzeug – die Messerschmitt Bf 109 – wurde tausendfach wiederum in Wiener Neustadt gefertigt. Die Wiener Neustädter Flugzeugwerke (WNF) waren das größte Messerschmitt-Werk des Dritten Reiches und produzierten etwa ein Viertel aller jemals gebauten Bf 109-Flugzeuge (8.545 Stück). Schon im Ersten Weltkrieg wurden die Kampfflugzeuge der k.u.k. Armee übrigens in Wiener Neustadt gebaut. Hochwertigste Artillerie für gleich zwei Weltkriege wurden parallel dazu in den Skodawerken im heutigen Tschechien gefertigt.

In Anbetracht des neuen Rüstungsbooms im Westen, ausgelöst durch die geopolitischen Spannungen seit dem russischen Angriff auf die Ukraine 2022, wird es Zeit, diese vergessene österreichische Industriegeschichte wieder mit gewissem Stolz in Erinnerung zu rufen. Eine Rückschau auf die historischen Industrienetzwerke zeigt, wie tief Österreich lange Zeit in die europäische Rüstungsproduktion eingebunden war.

Der Panzer IV, der wichtigste deutsche Panzer im Zweiten Weltkrieg; Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Bundesarchiv_Bild_101I-297-1722-24,_Im_Westen,_Panzer_IV.jpg

Das Nibelungenwerk – die modernste Panzerfabrik des 3. Reiches

Das Nibelungenwerk in St. Valentin (Niederösterreich) war das größte und modernste Panzerwerk im Dritten Reich – und das einzige, das über eine echte Fließbandfertigung verfügte. Nach dem „Anschluss“ Österreichs 1938 begann der Ausbau zu einem gigantischen Rüstungskomplex. Gefördert wurde dies unter anderem von Hermann Göring, der Österreich aufgrund familiärer Beziehungen und Kindheitserinnerungen sehr wohlgesonnen war.

Zwischen 1942 und 1945 wurden in St. Valentin hauptsächlich Panzerkampfwagen IV und gegen Kriegsende auch Panther-Panzer gefertigt. Das Werk wurde mehrmals erweitert und wurde in Schriftstücken damals als „Spielwarenfabrik“ getarnt. So wollte man einer Bombardierung möglichst entgehen. Bis Kriegsende wurden in St. Valentin über 8.000 Panzer des Typs IV., sowie Varianten wie Sturmgeschütze und Jagdpanzer produziert. Der Betrieb war konzeptionell und industriell gesehen ein technisches Meisterwerk – rund 8.000 Arbeiter, darunter freilich auch Zwangsarbeiter und KZ-Häftlinge, produzierten hier im industriellen Maßstab. Die Werke wurden unter Federführung der Steyr-Daimler-Puch AG errichtet, die damit zum Rückgrat der deutschen Panzerproduktion avancierte. Trotz Bombardierungen und logistischer Engpässe lief die Fertigung bis Kriegsende weiter.

Die Produktionskapazität war beeindruckend: In Spitzenzeiten verließen täglich mehrere Panzer das Werk. Dies war nur möglich durch den Einsatz moderner Fertigungstechnologien, aber auch durch den massiven Einsatz von Zwangsarbeitern, die unter brutalen Bedingungen in die Produktion eingebunden waren. Das Nibelungenwerk war damit nicht nur die effizienteste Panzer-Produktionsstätte des dritten Reiches, sondern auch ein Symbol: Der nationalsozialistische Mythos vom „deutschen Stahl“ und der „wehrhaften Technik“ manifestierte sich hier in einer Mischung aus Rüstungswahn und Ingenieurskunst. Heute erinnert aber nur mehr wenig daran – das Gelände ist von zivilen Industriebetrieben übernommen, das industrielle Erbe nur punktuell dokumentiert.

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Messerschmitt Bf 109; Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Bundesarchiv_Bild_101I-662-6659-37,_Flugzeug_Messerschmitt_Me_109_Recolored.jpg

Die Wiener Neustädter Flugzeugwerke – Wie Österreich einst abhob

Die Wiener Neustädter Flugzeugwerke (WNF) entwickelten sich unter nationalsozialistischer Kontrolle zu einem der bedeutendsten Standorte für die Serienfertigung von Jagdflugzeugen – vor allem der Messerschmitt Bf 109, dem wichtigsten deutschen Jäger im Zweiten Weltkrieg. Hier baute man auf bestehenden industriellen Traditionen auf! Schon in der k. u. k. Monarchie war Wiener Neustadt nämlich ab 1915 ein Zentrum der Luftfahrttechnik. Die Österreichischen Flugzeugwerke produzierten hier Kampfflugzeuge von 1915 bis zum Verbot durch die Siegermächte des Ersten Weltkrieges. Ab Mitte der 1930er wurden dann wieder Sportflugzeuge in Wiener Neustadt gebaut.

Mit der NS-Militärplanung wurde die Stadt nach dem Anschluss Österreichs ab 1938 in den Rüstungsplan der Luftwaffe integriert. Die Bf 109 wurde hier tausendfach in verschiedenen Varianten gebaut. Ab 1939 lief bereits die Serienfertigung und Wiener Neustadt knüpfte damit an seine industrielle Tradition aus dem Ersten Weltkrieg an. Die Wiener Neustädter Flugzeugwerke fertigten letztlich 8.545 Messerschmitt Bf 109 in den verschiedensten Varianten, die in nahezu allen Kriegsschauplätzen Europas und Nordafrikas zum Einsatz kamen. Die Wiener Neustädter Flugzeugwerke waren damals das größte Messerschmittwerk im Deutschen Reich. Der Standort war dann ab 1943 aufgrund seiner strategischen Bedeutung immer wieder Ziel alliierter Bombenangriffe und wurde dabei schwer in Mitleidenschaft gezogen. Trotzdem konnte die Produktion bis 1945 durch unterirdische Verlagerungen teilweise aufrechterhalten werden.

Neben der Serienproduktion war Wiener Neustadt auch ein Test- und Entwicklungszentrum. In der Umgebung wurden neue Technologien, Antriebskonzepte und Bewaffnungen getestet – darunter auch frühe Strahltriebwerke. Der Standort verband ingenieurtechnisches Know-how mit militärischer Strategie – zu einem hohen Preis: Tausende Zwangsarbeiter wurden zur Fertigung eingesetzt, viele überlebten die harten Bedingungen nicht. Wiener Neustadt wurde von allierten Bombern bei gleich 29 Angriffen ziemlich verwüstet.

30,5 cm Mörser von Skoda in einer Feuerstellung im Ersten Weltkrieg

Die Skodawerke – Altösterreichische Kanonen aus Böhmen

Die Skodawerke mit Hauptsitz in Pilsen (heute Tschechien) waren ursprünglich ein industrielles Kind der k.u.k.-Monarchie. Gegründet 1859 von Ernst Graf Waldstein, einst ein altösterreichischer Industrieller, der Skoda zu einem der größten Waffenproduzenten Europas avancierte. Die Kanonentürme der Schlachtschiffe der k. u. k. Marine wurde etwa großteils hier gefertigt. Im Ersten Weltkrieg lieferten die Skoda-Werke zudem die modernste Artillerie des Kontinents – darunter die berühmten 30,5 cm Mörser, die an allen Fronten zum Einsatz kamen. Das deutsche Kaiserreich bat Österreich-Ungarn etwa um ganze Mörsereinheiten mit Skoda-Geschützen und österreichischem Personal und setzte diese dann an der Westfront ein. In der Monarchie stieg das Werk zur größten Waffenschmiede auf und produzierte Kanonen aller Größen.

Nach dem Zerfall der Monarchie blieben viele technische wie organisatorische Verbindungen zwischen österreichischen und böhmischen Industriestandorten bestehen. Mit dem Münchner Abkommen 1938 fiel Böhmen unter deutsche Kontrolle – und die Skodawerke wurden schrittweise in den NS-Rüstungskomplex integriert. Sie nahmen dann wieder dieselbe Rolle wie einst im Ersten Weltkrieg ein. Zwischen 1939 und 1945 produzierte man bei Skoda mit rund 100.000 Mitarbeitern Panzer, Flakgeschütze und schwere Feldkanonen. Weniger bekannt ist, dass Österreicher im Skoda-Management und in der technischen Leitung durchgehend eine Rolle spielten – viele stammten noch aus der „alten Monarchie-Elite“ und setzten hier ihr Wissen ein. Skoda war somit nicht nur ein böhmischer, sondern ein stark k.u.k.-geprägter Betrieb mit starker österreichischer DNA. Heute gehört Skoda zum deutschen Volkswagen-Konzern, womit sich in der Industriegeschichte wiederum historische Parallen auftun.

Fazit

Der entscheidende industrielle Beitrag Österreichs zu den letzten beiden Weltkriegen ist ein heute verdrängtes Kapitel der Landesgeschichte. Nach 1945 übernahm man vielerorts eine Opferrolle, doch die nüchterne Betrachtung zeigt ein anderes Bild: Österreichische Unternehmen, Ingenieure und Facharbeiter leisteten wesentliche Beiträge zu den Rüstungsanstrengungen, sowohl während der Monarchie Österreich-Ungarns als auch zu Zeiten des NS-Regimes – sei es aus Überzeugung, Opportunismus oder Zwang. Die Facharbeiter dieser großen Unternehmen waren nach dem Krieg wiederum wichtig, um die Industrie in Österreich während des Wiederaufbaus weiter auszubauen! Die Vertreibung der Sudetendeutschen nach 1945 vor allem nach Deutschland aber auch Österreich hat diesen Ländern geschickte Arbeitskräfte gebracht und die Industrialisierung im süddeutschen Raum entscheidend mitbeeinflusst.

Gleichzeitig waren diese Produktionsstätten Ausdruck von technischem Können, Innovationskraft und industriellem Fortschritt – Eigenschaften, die bis heute in zivilen wie nun auch in militärischen industriellen Bereichen wieder gefragt sind. Wer in Europa über „Souveränität“, „Verteidigungsindustrie“ und „strategische Autonomie“ spricht, kommt nicht umhin, sich strategisch auch mit dieser historischen wirtschaftlichen Dimension auseinanderzusetzen. Die NATO muss nach 30 Jahren Sparpolitik wieder aufrüsten und wird bei dieser Kraftanstrengung viele europäische Unternehmen als Partner benötigen, welche die richtige Militärtechnik liefern könnten. Österreichs Rüstungsindustrie wäre also gut beraten, an historische Vorbilder anzuknüpfen und in diesen Wettbewerb nun voll miteinzusteigen.

Österreich war also einst ein bedeutender Teil des militärisch-industriellen Komplexes und der dabei relevanten Industrie Europas. Wer verstehen will, wie Europas Rüstungswirtschaft heute gut und effizient funktionieren könnte, der sollte sich durchaus an der Industriegeschichte von Standorten wie St. Valentin, Wiener Neustadt oder den Skodawerken ein Beispiel nehmen. Hier wurde Spitzentechnologie im sehr großen Ausmaß effizient gefertigt und stetig weiterentwickelt.

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