
Wenn Medien und Wiener Journalisten an einem konservativen Bundeskanzler wenig Negatives finden und auch die Koalitionspartner sehr bis ziemlich zufrieden sind, dann läuft möglicherweise für die Konservativen in Österreich politisch etwas nicht ganz so, wie es sollte! Beim politischen Mitbewerb wie auch bei den Journalisten medial sind Österreichs Nicht-SPÖ Kanzler nämlich vor allem dann beliebt, wenn sie dem linken Machterhalt und den eigenen Überzeugungen nicht zu sehr im Wege stehen. Das soll jetzt aber freilich nicht heißen, dass Christian Stocker nicht doch auch Vieles mitbringt, das sich bürgerliche Österreicher von einem konservativen Kanzler auch erwarten. Als Anwalt mit langjähriger politischer Erfahrung von der kommunalen Ebene bis ins Parlament bringt er einige gute Voraussetzungen für sein Amt mit.
Seine politische Bilanz nach – für ihn wie für Österreich überraschenden – 6 Monaten Bundeskanzler Stocker mit einer ÖVP-SPÖ-NEOS-Regierung ist eher gemischt. Einerseits freut man sich über stabile Verhältnisse, andererseits ist man in ein EU-Defizitverfahren gerutscht und es warten Milliardeneinsparungen auf die Regierung. Dazu zeichnet sich ab, dass die neue Regierung personalpolitisch teilweise nicht gut aufgestellt ist. Die politischen Kabinette von SPÖ und NEOS sollen Insidern zufolge ziemlich schwach aufgestellt sein und sind bereits von einer merkbaren Fluktuation geprägt. In der SPÖ versucht man sich derweil mit Linkspopulismus (Mietenstopp, Lebensmittelpreise) im Gespräch zu halten, aber dieser linke Kurs hält die Partei gleichzeitig weiterhin klein. Kickl führt derweil in Umfragen klar mit rund 35%, ebenso auch in der Kanzlerfrage – obwohl er sich genau da selbst aus der Verantwortung genommen hat.
Bundeskanzler Stocker versucht sich in der Zwischenzeit mit gewisser Symbolpolitik („Stocker Formel“, Stopp des Familiennachzugs,…), obwohl etwa in der Migrationspolitik längst härtere Maßnahmen und weniger Ankündigungen gefragt wären. Deutschland weist illegale Migranten beispielsweise mittlerweile an seinen Grenzen ab, Österreich tut das auch nach 10 Jahren illegaler Rekordmigration immer noch nicht. In diesem Beitrag wollen wir nun zu Bundeskanzler Christian Stocker und seiner Regierung eine erste politische Bilanz ziehen!

Die verbockten Koalitionsverhandlungen
Stockers in Wiener Neustadt geschärftes Kompromissgemüt und sein in Wien als sympathisch empfundenes politisches Nachgeben zeichneten sich schon in den Koalitionsverhandlungen ab. Er gab Babler viele starke Ressorts und machte noch dazu „Halbe-Halbe“ mit der SPÖ, obwohl die ÖVP bei der Nationalratswahl ganze 250.000 Stimmen vor der SPÖ lag. Alle Ministerien mit hohen Budgets, wie auch das Finanzministerium sind daher jetzt in roter Hand. In der Bundesregierung Stocker hat die ÖVP mit 9 Regierungsmitgliedern genau gleich viele wie die SPÖ, was Andi Babler stolz „Respekt“ nannte. Stolz verkaufte er sich intern gleich als toller Verhandler, was ihm in der SPÖ nach dem Januar-Desaster etwas Glaubwürdigkeit zurückbrachte.
Die Postenaufteilung könnte man freilich aber auch Ignoranz gegenüber dem demokratischen Wahlergebnis nennen. Schaut man auf das Ergebnis der Nationalratswahl, dann hätte die ÖVP nach Adam Riese (gemessen an ihrem Stimmenanteil) 10 und die SPÖ 8 Regierungsmitglieder stellen müssen. Das bedeutet also, dass in den Verhandlungen ein Ministerium mit Milliardenbudget an die Babler-SPÖ quasi „verschenkt“ worden ist und das wohlgemerkt an eine SPÖ, die ohne die ÖVP gar keine Regierungsoption hatte. Die Kickl-FPÖ hatte der ÖVP dagegen in den später gescheiterten Verhandlungen bei ihrem „letzten Angebot“ gleich die folgenden Ämter offeriert:
Auswärtige Angelegenheiten und EU, Bildung, Wissenschaft, Kunst und Kultur, Verkehr und Infrastruktur, Wirtschaft, Forschung und Energie, Landesverteidigung und öffentlicher Dienst, Landwirtschaft und Umwelt, Soziales, Frauen, Familie und Jugend
Darunter waren einige mächtige Ressorts mit den größten Milliardenbudgets, die nun allesamt von der SPÖ oder den NEOS kontrolliert werden: Bildung, Verkehr, Forschung und Soziales. Kickl wollte dagegen neben dem Bundeskanzleramt nur 5 Ministerien, diese aber hatten es freilich in sich: Finanzen, Inneres, Arbeit und Integration, Gesundheit sowie Verfassung und Medien. Schuld am Scheitern war am Ende allerdings weniger Stocker, sondern wohl primär Kickl selbst, der viel zu hoch gepokert hatte und an der eigenen Courage gescheitert ist. Die Stocker-ÖVP wiederum hat dann in Runde 3 politisch aber gegenüber der Babler-SPÖ richtig Federn gelassen.
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Die verpasste politische Chance
Jeder Mensch mit politischer Erfahrung in Österreich weiß, dass mit der SPÖ eine sinnvolle Reform des Staates und substantielle Kürzungen bei den Staatsausgaben nicht zu machen sind. Das sieht man auch am Budget, wo das Rekorddefizit nur langsam reduziert wird und wo ein Finanzminister Marterbauer das drohende EU-Defizitverfahren viel zu schnell als gegeben angenommen hat. Wir haben darüber im Artikel über den linken Finanzminister Marterbauer bereits berichtet (siehe https://www.dermaerz.at/marterbauernomics-oesterreichs-abstieg-zum-sanierungsfall/).
Migrationspolitisch steht Österreich seit Ende letzten Jahres in einer entscheidenen Phase: Es entscheidet sich nämlich, ob Syrer und Afghanen wieder in ihre Heimat zurückgeführt werden können oder ob sich die Einbürgerung in den Sozialstaat endgültig materialisieren wird. Infolgedessen droht Österreich eine weitere Islamisierungs- und Arabisierungswelle, während Österreich wohl ein Land werden wird, in dem der politische Islam endgültig demographisch auf Kurs Richtung Mehrheit gebracht werden wird.
Stocker darf man hier politisch aber anrechnen, dass er es- zwar mangels Alternative- mit Kickl zumindest versucht hat. Freilich hat aber auch er selbst davor mit Nehammers absurder Anti-Kickl Kampagne unnötig viel politisches Porzellan zwischen den bürgerlichen Parteien zerschlagen. Nun ist aber alles anders. In vielen Fragen gibt es einen ziemlich linken wie liberalen Kurs und die ÖVP, die sich schon gegen die Grünen schwer durchsetzen konnte, versucht einmal mehr in der Migrationspolitik einen Hardlinerkurs zu fahren. Dass alles in allem aber erst ein einziger syrischer Terrorist nach Syrien abgeschoben werden konnte, spricht hier eher für das Scheitern dieser Strategie. Ob sich etwas signifikant ändern wird, ist ziemlich fraglich. Stocker gilt schließlich in der Dreierkoalition laut „Die Presse“ politisch als eher zurückhaltender „Primus inter Pares“ und hat sich bislang in seiner Agenda keinen wuchtigen „Gamechanger“ geschaffen. Er passt somit gut als Großkoalitionär, das Land aber bräuchte in dieser Ausgangslage freilich etwas anderes.

Die Stockerformel: 2-1-0
Politisch proklamiert Christian Stocker nun die Stockerformel: 2% Inflation, 1% Wirtschaftswachstum und 0 Toleranz für (va. islamische) Integrationsverweigerer. Das sind alles hehre Ziele, die freilich wenig glaubwürdig wirken bei einer ÖVP, die seit 1986 sowohl Wirtschaft, als auch Integration in Österreich mitverantwortet und die zusammen mit den Grünen das Land gerade ziemlich an die Wand gefahren hat. Wirtschaft, Finanzen und Massenmigration sind 2019-2025 ziemlich aus dem Ruder gelaufen. Trotzdem arbeitet Stocker großteils weiterhin mit der „alten“ Mannschaft, die sich in der Ära Nehammer nicht gerade mit Ruhm bekleckert hat. Minister Hattmansdorfer ist hier freilich eine (positive?) Ausnahme.
Man darf aber andererseits natürlich der ÖVP bzw. der türkis-grünen Vorgängerregierung freilich nicht das komplette politische und wirtschaftliche Desaster Österreichs alleine überstürzen, denn auch schlechter Rat von Wirtschaftsforschern, überzogene Lohnabschlüsse der Sozialpartner und die Verschwendungspolitik der Grünen haben das Ihre dazu beigetragen.
Das sieht man an weiterhin desaströsen Fundamentaldaten, die sich leider nicht an der „Stocker-Formel“ orientieren. Die Teuerung bleibt hoch, Lebensmittelpreise steigen, man streitet über Preisregulierungen und Österreich steht weiterhin unter einem EU-Defizitverfahren. Auf Aufforderungen der Ratingagentur Moodys, mehr zu sanieren, reagiert die Politik nicht wirklich. Vielmehr erteilt Andi Babler öffentlichkeitswirksam „Anweisungen“ an „seinen“ Finanzminister, was denn nicht alles an Wohltaten zu tun sei, die freilich alle unter Finanzierungsvorbehalt stehen. Aber auch Stocker hat bisher kein starkes wirtschafts- oder budgetpolitisches Gegenkonzept vorgelegt. Während in Brüssel Sparauflagen drohen, ringt die Regierung in Wien um Lösungen, die einerseits Investitionen ermöglichen, andererseits Defizite senken, aber jedoch bisher nicht überzeugend wirken.
Ausblick
Politische Insider sind mit den Kompromissen der Koalition bis dato nur semizufrieden und warten nun den Herbst ab und fragen sich, ob endlich die versprochenen politischen „Leuchttürme“ kommen werden. Man wird sehen, ob dabei eine substantielle Verwaltungsreform, eine Asylpolitik a la Dänemark und eine Wirtschaftspolitlk a la Milei darunter sein wird. Dem Land Österreich wären Ansätze in diese Richtung jedenfalls sehr zu wünschen. Die politische Realität einer großen Koalition lehrt aber leider anderes. Auch dass Andi Babler sich weiterhin als Marxist bezeichnet und ein Keynesianer im Finanzministerium sitzt, lässt eher Böses erahnen.
Obwohl die Regierung eine breite Mehrheit hat, fehlt bislang also ein prägnantes „Markenzeichen“ oder ein durchschlagendes Reformprojekt. Selbst gespart wird bisher primär nach Plänen von ÖVP und FPÖ, die in den gescheiterten Koalitionsverhandlungen entwickelt wurden. Beobachter bemängeln deshalb, dass Stocker vor allem Verwalter statt Gestalter ist – er meidet Konfrontation, tritt kaum mit starken eigenen Akzenten auf und bleibt in der öffentlichen Wahrnehmung blass. Kritiker sprechen hier von einem „Buddha-Stil“: Ruhe und Stabilität ja, aber ohne Dynamik oder klare Zukunftsvision. Stocker versucht dagegen verbal mit einem „Churchill-Stil“ zu kontern. Man wird sehen, inwieweit er diesem Vorbild folgen kann.
Die Dreierkoalition (ÖVP–SPÖ–NEOS) zwingt Stocker realpolitisch jedenfalls zu ständigen Kompromissen, was zwar Stabilität schafft, aber Lösungen in zentralen politischen Fragen verwässert. Besonders in Wirtschafts-, Steuer- und Klimapolitik werden eher kleinste gemeinsame Nenner beschlossen als ambitionierte Reformen. Dies führt zu dem Vorwurf, die Regierung sei trotz breiter Mehrheit handlungsarm.
Fazit
Christian Stockers erstes halbe Jahr als Bundeskanzler hinterlässt ein zwiespältiges Bild. Einerseits sorgt die Dreierkoalition für stabile Verhältnisse und eine gewisse politische Ruhe, andererseits sind die großen inhaltlichen Akzente bislang ausgeblieben. Das EU-Defizitverfahren, hohe Inflation und schwache personelle Aufstellungen in Teilen der Regierung zeichnen ein Bild, das eher von Verwaltung als von Gestaltung geprägt ist. Stockers vielzitierte „Formel“ wirkt angesichts der ökonomischen Realität wenig überzeugend und in zentralen Bereichen wie Migration oder Budgetpolitik bleibt die Regierung bisher ohne durchschlagende Lösungen.
Während die ÖVP ihre stärksten Ressorts in den Koalitionsverhandlungen aus der Hand gegeben hat, profilieren sich SPÖ und NEOS nur bedingt und die FPÖ hält mit Umfragewerten von rund 35 % weiter den Oppositionsvorsprung. Stocker selbst tritt als ausgleichender „Primus inter Pares“ auf, was zwar Stabilität bringt, ihn aber zugleich blass wirken lässt. Österreich steht damit vor der Frage, ob der Kanzler aus der Rolle des reinen Verwalters heraustreten und ein klares Reformprojekt anstoßen wird können, oder ob seine Kanzlerschaft am Ende vor allem für verpasste Chancen stehen wird.
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Marterbauernomics: Österreichs Abstieg zum Sanierungsfall
2 thoughts on “Christian Stocker: Der Lieblingskanzler der Wiener Blase?”
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