
Die Stadt Wien verfügt über einen sehr großzügigen Fonds für Medieninserate im Ausmaß von rund 24 Millionen Euro pro Jahr (Stand 2024). Liest man diverseste österreichische Medien, sieht man dort häufig inhaltlich völlig sinnfreie Inserate, mit welchen die Stadt Wien Leser beispielsweise etwa darüber „informiert“, dass man in Wien flanieren gehen könnte oder dass man im Hochsommer doch ein Schwimmbad aufsuchen sollte. In einer Branche, die zunehmend abhängig von Regierungsinseraten ist, sind solche Inserate für viele Medien naturgemäß wirtschaftlich sehr wichtig. Die österreichischen Medien werden also generell sehr breit und großzügig von der Hauptstadt finanziert und die – freilich unausgesprochene – Gegenleistung sieht man dann vor Wahlen und in Krisenzeiten. Als Zeitungsmanager muss man in dem System finanziell einfach den Status quo bevorzugen. Man wird mit dem Inseratengeld des Steuerzahlers sanft in jene journalistische Richtung getrieben, in der man der SPÖ Wien politisch lieber nicht zu sehr weh tut oder vor allem bei Wahlen schaden könnte.
In diesem Beitrag wollen wir nun einen aktuellen Artikel des Standards in dieser Hinsicht beispielhaft sezieren, denn er ist genau ein Paradebeispiel für Medien, die ihrer journalistischen unabhängigen Rolle nicht mehr nachkommen. Die Geschichte dahinter ist schnell erklärt: Wien hat 2025 ein unfassbar hohes Defizit, das in etwa gleich hoch ist, wie jenes aller anderen Bundesländer und Gemeinden zusammen. Die SPÖ Wien fährt also ein 4-Milliarden-Euro-Defizit mit 2 Millionen Einwohnern, welches dem Defizit aller anderen Bundesländer UND aller Gemeinden in diesen Bundesländern (7 Millionen Einwohner) entspricht. Das ist freilich ein groteskes Versagen der Wiener Politik und eigentlich nicht zu rechtfertigen, wenn man sich etwa ansieht, dass Wien eine Milliarde für die Mindestsicherung ausgibt, was zwei Drittel der Ausgaben ganz Österreichs entspricht. In diesem Artikel wollen wir uns nun aber damit beschäftigen, wie das linke Haus und Hofblatt, „Der Standard“ ,für Wien Partei ergreift und die Krisenkommunikation für Bürgermeister Ludwig übernimmt. Wir sehen hier also eher wenig Journalismus, dafür aber mehr Parteiaussendung der SPÖ-Wien!
Wenn Medien Krisenkommunikaton übernehmen
Wir sehen hier in der Überschrift, wie uns der Standard korrekt erklärt: „Wien stellt mit 3,25 Milliarden Euro den Großteil der Neuverschuldung der Länder“. Das stimmt, es ist die Hälfte. Aber auch in der Erklärung erfahren wir als Leser nicht, wie es soweit gekommen ist (!), dafür darf aber Bürgermeister Ludwig vorab gleich seine politische Ausreden prominent platzieren. Der Artikel – firmierend unter „Budget“ – beginnt somit mit Whataboutism der SPÖ Wien unter dem Tenor „Die Hauptlast des Defizits liegt beim Bund“. Das ist natürlich eine völlig sinnfreie Aussage, denn der Bund trägt 80 Prozent der Ausgaben des Staates und die Länder nur 20 Prozent. Das heißt der Bund wird in der gegenwärtigen österreichsichen Realität immer ein höheres Defizit aufweisen als die Länder, obwohl auch hierbei der Anteil Wiens absurd hoch ist: Das Budgetdefizit von Bund, Ländern und Gemeinden beträgt 2025 rund 24 Milliarden Euro. Davon kommt rund ein Achtel alleine aus Wien, obwohl alle 9 Länder gesamt „nur“ 20% (also 2,4 Milliarden) ausmachen sollten!
Bürgermeister Ludwig darf danach in einer weiteren Ausrede im Standard-Artikel darauf verweisen, dass die Pro-Kopf-Verschuldung in Wien nur im Mittelfeld sei. Das ist freilich ohnehin nur der Fall, weil die Stadt schon vor Jahren ihre verschuldeten Betriebe in die Wien Holding bzw. die Wiener Stadtwerke ausgelagert hat. Diese Entitäten im Besitz des Steuerzahlers finanzieren heute einen Teil der „Brot und Spiele“- Kampagne der SPÖ, wie etwa das Donauinselfest, den Erhalt der Fussballklubs Rapid und Austria, et cetera. Der geneigte Standard-Leser wird in diesem Artikel nach drei Sätzen bereits im Sinne der SPÖ-Wien instrumentalisiert . Der Tenor lautet eindeutig: Eh nicht so tragisch! Freilich sollte man hier aber bedenken, dass sich der Standard als Qualitätsmedium inszeniert und über eine große Reichweite verfügt. Information wäre also etwas ganz anderes, aber lesen wir weiter!
Jedem, der diese Informationspolitik von Standard und Rathaus immer noch ganz gut findet, dem sei vorab eine Denksportaufgabe mitgegeben: Wie hätten wohl die SPÖ und linke Medien wie der Standard reagiert, wenn ein bürgerlicher Wiener Bürgermeister ein derartiges Rekorddefizit eingefahren hätte? Welche Empörung hätte hier stattgefunden, wieviele runde Tische im ORF? Wie laut wäre der Schrei nach einer Sanierung gewesen? Dieser Schrei übrigens erklingt jetzt in der Medienlandschaft – ganz seltsamerweise- rein gar nicht.
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Die „smarte“ SPÖ: Der Versuch eines positiven Spins
Der Standard müht sich nun im Artikel weiter, die SPÖ gut dastehen zu lassen. Nach der SPÖ-Rechtfertigung – siehe oben – schreibt Autor Krutzler ganz mutig: „eine Milliarde wurde mehr ausgegeben als ursprünglich geplant“. Damit war dann wohl der Peak an Mut und Kritik erreicht, denn sofort fügt er an: es sei aber „etwas weniger als im Worst-Case-Szenario“, welches die Stadt vorab prognostiziert hatte. Es wird also irgendwie versucht, in dem Budgetdesaster von fast 4 Milliarden Defizit und noch 1 Milliarde mehr als geplant, einen positiven Spin unterzubringen. Tenor: „Aber die SPÖ Regierung hat es uns doch vorab schon zwischendurch mal gesagt“. Gegengesteuert wurde dieser Prognose aber freilich nicht, auch wenn die Stadt das ab Anfang 2025 bereits gewusst haben soll. Kritisch nachgefragt wird vom „Standard“ bei so einem „gottgegebenen Budget“ der SPÖ Wien aber freilich auch nicht.
Im nächsten Absatz geht es mit der Standard-Lobhudelei weiter: „Eines kann man der Stadt Wien nicht vorwerfen“. Es wird also noch einmal wiederholt, dass die Stadt ihre miesen Zahlen ja schon vorab angekündigt hatte. Immerhin räumt man ein, dass die SPÖ mit ihrem NEOS-Beiwagerl sich eines kommunikativen Tricks bedient habe (aka die Bevölkerung wurde belogen): Man hat taktisch ein schlechteres Szenario genannt, um am Ende besser dazustehen. Da muss man sich als geneigter Leser aber nun wohl fragen, warum eine Zeitung eine Regierung lobt, die auf Missinformation setzt, die noch schlechtere Zahlen prognostiziert, nicht adequat handelt und dann noch so tut, als habe sie eingespart. Selbst in diesem Absatz wird Stadtrat a.D. Hanke quasi dafür gelobt, sich politischer Tricksereien bedient zu haben. Als Leser wissen wir zwar immer noch nicht, wie dieses Defizit überhaupt zustande gekommen ist, dafür haben wir aber gelernt, wie „toll“ die SPÖ kommunziert und wie schlecht es ja auch dem Bund geht.

Leider hört aber damit der verzweifelte Versuch eines positiven Spins nicht auf. Bürgermeister Ludwig wird vom Standard- unglaublicherweise- trotz des Rekorddefizits (das den Gesamtschuldenstand von Wien in einem Jahr um 40 Prozent erhöht) auch noch als „Macher“ inszeniert. Dieser „Macher“ habe dann ja die Devise „Sparen“ ausgegeben. Der Standard schreibt das allen Ernstes, obwohl er im Absatz davor einräumt, dass alles eh ein politischer Trick war und man einfach vorab ein noch höheres Defizit kommuniziert habe, um dann Sparen vorgauckeln zu können. Man arbeitet zwar etwas kritisch mit Anführungszeichen bei „Sparen“, setzt dann aber sofort nach mit: „Das ist laut Büro der Finanzstadträtin Novak auch gelungen“. Es wird also das größte Defizit Wiens seit Jahrzehnten als „gelungene Sparpolitik dargestellt“.

Rechtfertigung die 15te
Im obigen Absatz darf der Standard kurz die unschönen Fakten einräumen – freilich zusammengestampft auf 5 Sätze. Weil die harsche Realität für den geneigten linken Leser und die SPÖ- Wien eher weniger toll ausfällt, kommt nach 5 Zeilen Realität wieder der SPÖ-Wien Spin zum Einsatz. „Endlich“ darf der Bürgermeister zu Wort kommen:

Bürgermeister Ludwig spielt im Standard wieder einmal das, was die SPÖ Wien politisch immer tut: Die Opferkarte. Den „schwarzen Peter“ wolle man sich nicht zuschieben lassen, so der Bürgermeister. Man sei ja als Land Wien wirklich „arm“ dran mit der Doppelrolle als Gemeinde und Land. Hier müsste dann eigentlich stehen, dass Wien 2025 in etwa so viele Schulden gemacht hat, wie alle anderen Länder und alle anderen Gemeinden zusammen, aber der „Standard“ lässt lieber Ludwig weiter referieren: „Bei der Pro-Kopf-Verschuldung liegt Wien im Mittelfeld“. Darauf kann man nur anmerken: NOCH! Wenn Wien 2025 seinen Schuldenstand allein in einem Jahr um 40 Prozent erhöht, dann wird die Pro-Kop-Verschuldung nicht mehr lange im Mittelfeld liegen, was sie freilich ohnehin nur tut, weil Milliardenschulden bei den ausgelagerten Betrieben geparkt sind. Fraglich ist auch, wer der SPÖ-Wien den „schwarzen Peter“ zuschiebt: Ist es gar der eigene rote Finanzminister? Der Artikel schließt dann mit einer positiven Spin – Überraschung für die SPÖ Wien ab, denn der „Standard“ hat ausgerechnet die ÖVP Niederösterreich gefunden, die Wien angeblich Argumente liefert:

Damit endet also der Artikel, der eigentlich nur aus PR der SPÖ Wien und des Standards für die SPÖ Wien besteht. Wir haben nicht gelernt, wofür die Stadt Wien ihr Geld ausgibt und welche Kostenpositionen explodiert sind. Vielleicht sollen wir das mit der hohen Mindestsicherung und den explodierenden Sozialleistungen für Migranten mit absurd niedriger Erwerbsquote auch lieber nicht wissen. Das würde schließlich der SPÖ Wien politisch nicht helfen und was dieser politisch nicht hilft, hilft auch den Medien nicht dabei, Inserate an die Stadt Wien abzusetzen.
Fazit
Wir haben aus diesem Artikel des Standards – wenn man ihn überhaupt so nennen sollte – eines gelernt: Wiener Medien wie der Standard springen der Stadt Wien in harten Zeiten argumentativ zur Seite! Statt die Leser zu informieren arbeiten Zeitung und Stadt an einem gemeinsamen politischen Spin, erzählen vom Bürgermeister, der neue Spar-Devisen ausgibt und der die Stadt „auf Kurs bringt“ – freilich leider auf den Kurs des größten Defizits seit Jahrzehnten. Kritisches findet sich dafür in diesem Artikel nur in homöopathischer Form. Die wenige neutrale Information muss man als Leser zwischen dem PR-Spin für die Regierung herauskletzeln. Nicht einmal die Information, dass die Gesamtschulden Wiens in nur einem Jahr um fast 40 Prozent angestiegen sind, ist hier zu finden, obwohl man doch meinen sollte, dass derartige Fakten einen Standard Leser interessieren könnten. In linken Kreisen wird das freilich mit Wohlgefallen aufgenommen. Kritik an der SPÖ-Wien würde dort das eigene Weltbild erschüttern, wonach links immer besser und rechts immer unfähig und böse ist.
Ein User im „Standard“-Forum hat den wirklich billigen durchsichtigen politischen Spin hier zumindest erkannt und schreibt in seinem Kommentar ziemlich treffend, was eigentlich „seine“ Qualitätszeitung (vielleicht aus Inseratesorgen?) nicht zu sagen vermochte:

Weil die Medien Wien offensichtlich seit Jahren besonders milde gestimmt sind, gibt es in dieser Stadt zur adäquaten Zeit nie eine Debatte darüber, was denn nicht alles schief läuft. Reformen folgen daher meist ebenso keine und das Problem wird ausgesessen und der Bund unter Druck gesetzt, noch mehr Geld nach Wien zu schicken! Unfähigkeit wird in Österreich nämlich medial und politisch belohnt, sofern man an der richtigen Stelle sitzt. Das Wiener Rathaus ist so eine Stelle. Dabei ist in Wien so ziemlich alles im Argen: Die Integration, die Schulen, die Stadt-Finanzen, das Pro-Kopf-Vermögen et cetera. Weil das Rathaus die Medien aber finanziell großzügig versorgt, ist das vor Wahlen und oft auch abseits davon zufälligerweise alles meist kein Thema. Wir haben das mediale Geflecht in Wien so zusammengefasst:

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https://medianet.at/news/marketing-and-media/die-neue-transparenz-offenbart-mehrausgaben-67340.html
Bildquelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Wiener_Rathaus#/media/Datei:Wien_Rathaus_hochaufl%C3%B6send.jpg
