SPÖ eins: Der falsche Kanal zur falschen Zeit

SPÖ eins

Da startet also die SPÖ unter ihrem Vorsitzenden – pikanterweise zugleich auch dem Medienminister – Andreas Babler im Jahr 2025 nicht etwa eine Reform für unabhängige Medien oder verbessert die Förderung der Berichterstattung abseits unsäglicher Politinserate, sondern schafft einen eigenen Internetfernsehsender. Unter dem Label „SPÖ eins“ wird nun vorerst über YouTube und später wohl auch andere digitale Kanäle ausgestrahlt. Die neue mediale „Propagandaorgel“ der SPÖ soll dabei laut Medienberichten mit einem Budget von rund einer kolportierten Million Euro (oder zumindest „hunderttausenden Euro“) Steuergeld aus der Parteienförderung ausgestattet sein. Es ist bereits der nächste mediale Propaganda-Stunt einer Partei, die nicht nur mit einem 40-Millionen-Inseratetopf in Wien, sondern auch mit dem stadteigenen „SPÖ-Propaganda-Sender“ W24 bereits jetzt massivst in der Medienlandschaft mitmischt. Dazu kommt der „Rotfunk“ ORF am Küniglberg, wo die mediale Hausmacht der SPÖ ohnehin unbestritten ist.

„SPÖ eins“ ist dabei sowohl handwerklich als auch vom Timing her der bisherige Tiefpunkt der sonst medial ziemlich schamlos effizient agierenden SPÖ. Die Seher werden hier von einer offensichtlich überforderten Moderatorin in Dauerschleife sozialistisch geduzt und das ganze findet pikanterweise vor türkisen Wänden statt. Bis vor nicht allzulanger Zeit hatte nämlich genau die SPÖ vor „türkisen Umtrieben“ bei der ÖVP beständig gewarnt. Zuviel rot und damit sozialistische Parteifarbe wollte man dann aber medial offenbar doch nicht im eigenen Fernsehprodukt sehen. Da wären vielleicht manche Seher wohl noch weniger empfänglich für die politische Botschaft gewesen. Beim Logo hat man zudem – vielleicht ein freudsches Eingeständnis – witzigerweise versucht, das Parteikürzel SPÖ kleiner in den Hintergrund zu rücken und dafür „eins“ in den Vordergrund gesetzt.

Die mediale Prioritätspolitik des neuen Medienministers (!) Andi Babler liegt hier also klar auf dem eigenen Machtausbau und der Selbstdarstellung und nicht primär auf der Förderung einer pluralistischen Medienlandschaft. Man stelle sich nur vor, mit welcher Demokratie- und Mediendebatte ein bürgerlicher oder FPÖ-naher Medienminister hätten rechnen müssen, wäre ihm Derartiges während seiner Amtszeit eingefallen.

SPÖ eins

SPÖ eins – ein besonders lächerliches Parteimedium

Parteimedien scheinen aus der Zeit gefallen und sind vor allem für Mainstreamparteien wirklich nicht notwendig. Schließlich haben ÖVP und SPÖ im ORF eine sehr starke Hausmacht und abgesehen davon als Regierungsparteien in Bund und Ländern ihre viel zu hohen Inseratebudgets. Die SPÖ übt auf ORF, Heute und die Krone traditionell einen starken Einfluss aus, die ÖVP wird ihrerseits mit „Exxpress“, Bundesländerzeitungen sowie „Österreich“ assoziiert. Dazu kommen linke Schlachtschiffe wie „Der Standard“, der „Falter“ und bürgerliche Medien wie „Kurier“ und „Presse“. Für die FPÖ – wie selbst Falter-Redakteurin Barbara Toth in „Links Rechts Mitte“ auf Servus TV einräumt – gilt das allerdings nicht. In Österreich wie Deutschland (Stichwort AfD) haben Parteien rechts der Mitte nämlich wenig Chance im öffentlich-rechtlichen Fernsehen fair behandelt zu werden.

Parteimedien sind dabei vor allem eines: Sie gaukeln vor, Medien zu sein, sind aber nicht unabhängig und schrankenlos parteiisch. Eine parteieigene Sendeplattform wie „SPÖ eins“ , die schamloserweise auch noch einen beliebten ORF-Kanal namenstechnisch imitiert, darf medienpolitisch keinesfalls mit redaktioneller Unabhängigkeit verwechselt werden. Genau das strebt die SPÖ hier allerdings offensichtlich an. Deshalb warnen Medienberater wie Plaikner davor, dass parteimediale Formate wie „SPÖ eins“ ein ernstzunehmender „demokratiepolitisch gefährlicher Trend“ seien. Wenn nun politische Parteien künftig – gar im Bundesministerium für Medien selbst angesiedelt – eigene Kanäle betreiben, dann löst das unmittelbare Fragen aus: Wer redigiert? Wer kontrolliert? Wer stellt sicher, dass nicht einfach Parteiprogramm unkritisch ausgestrahlt wird?

Besonders pikant: Der Medienminister der Republik selbst sitzt als „Hüter“ einer unabhängigen Medienlandschaft hier beim Sender-Projekt direkt im Fahrersitz! Damit kollidieren schamlos Öffentlichkeit, Partei und das Staatsamt. Ein Minister für Medienpolitik und zugleich Betreiber, beziehungsweise Ermöglicher eines Parteikanals – das grenzt an einen ziemlich schamlosen Interessenkonflikt. Nicht einmal der Trump-Administration ist ein derartiger Schritt bis dato eingefallen: Dort gibt es kein „MAGA-TV“, welches direkt von Republikanern betrieben und dazu auch noch vom Volk mit Steuergeld finanziert wird!

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Budget, Begründung und Prioritäten: Wo ist die Legitimität?

Man kann annehmen, dass eine Million Euro oder eine Summe in dieser Größenordnung für einen YouTube-Kanal mit „journalistischem Anspruch“ ziemlich hoch bemessen ist. Dabei setzt die SPÖ zur Rechtfertigung wieder einmal auf ihre übliche pauschale „Hetze gegen rechts“, die bei der SPÖ stets dann hervorgeholt wird, wenn sie sich gerade wieder in Erklärungsnot wähnt:

„Wir haben viel zu lange den digitalen Raum den Rechtsextremen, den Neonazis, den Hetzern und Frauenhassern überlassen“, so Seltenheim. „‚SPÖeins‘ ist unsere Antwort.“

SPÖ-Bundesgeschäftsführer Klaus Seltenheim; Quelle: https://www.heute.at/s/exklusiv-sp-manager-sagt-wie-bablers-tv-sender-wird-120139747?utm_source=chatgpt.com

Diese Begründung ist natürlich vorgeschoben, denn in Wahrheit versucht man das FPÖ-Konzept 1:1 zu kopieren und tut sich nur schwer dabei, das als Regierungspartei medial zu rechtfertigen. Die SPÖ-Regierungsmannschaft hat schließlich dutzende Medienmitarbeiter und kann jeden Tag einen medialen Spin in den Medien (die ihr vielfach ohnehin sehr hörig sind) ganz kostenlos platzieren. Das funktioniert laut SPÖ-Chef Babler aber offensichtlich nicht gut genug, beziehungsweise werden die Menschen in Österreich zudem immer unzufriedener mit der SPÖ, je länger sie regiert. Dagegen will der Medienminister nun ankommunizieren:

„Wir brauchen eine Kommunikation, die zielgerichtet ist“, so Babler zur APA. Er sei wahnsinnig stolz, dass man erstmals „mit zeitgemäßen Fernseh-Formaten“ beginne.

https://kurier.at/politik/inland/spoe1-tv-sender-andreas-babler-medienstrategie-fpoe/403087088?utm_source=chatgpt.com

Kurioserweise hat Bablers eigener Klubchef Philipp Kucher Parteimedien wie FPÖ-TV noch 2024 medial ziemlich in der Luft zerrissen und damit das heutige Konzept von „SPÖ eins“ eigentlich selbst verteufelt:

„In der wunderbaren Welt des Herbert Kickl gibt es außer FPÖ-TV nämlich keine Medien mehr. Keinen Journalismus, der den armen Herbert mit so etwas wie Fakten plagt. Niemand mehr, der ihm kritische Fragen stellt“, fasst Kucher zusammen. Ein konkretes Bild könne man sich verschaffen, wenn man einen kurzen Blick auf FPÖ-TV werfe. Die „kritischen Fragen“, denen sich Herbert Kickl dort regelmäßig stellt, reichen von „Was ist das Geheimnis deines Erfolgs, Herbert Kickl?“ bis hin zu, „Die FPÖ braucht nicht Angst haben vor den anderen Parteien, oder?“.

SPÖ-Klubchef Philipp Kucher (2024); zitiert nach https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20240131_OTS0096/spoe-kucher-die-wunderbare-welt-des-herbert-kickl-ist-eine-in-der-es-ausser-fpoe-tv-keine-medien-mehr-gibt

In den ersten Folgen von „SPÖ eins“ findet sich aber natürlich eins zu eins dasselbe Bild: Es gibt keine kritischen Fragen für Andi Babler sondern nur Jubel und Selbstbeweihräucherung. Auch mit kritischen Fakten oder kritischen Passantenstimmen fällt man erwartungsgemäß nicht auf!

SPÖ eins
SPÖ eins versucht sich an Auslandsberichterstattung: Griechenland sei ja nie pleite gewesen und habe nie über seinen Verhältnisse gelebt… Quelle: https://www.youtube.com/watch?v=c8tnV3rD9UI

Verzerrung statt Vielfalt

Eine Medienlandschaft, die Vielfalt, Meinungsvielfalt und Unabhängigkeit sichert, ist Voraussetzung für einen lebendigen politischen Diskurs und damit für eine funktionierende Demokratie. Wenn nun eine große Partei einen eigenen digitalen Sender startet, ohne klare Trennung zwischen Partei- und Medienfunktionen, dann vermischt sich Werbung, Partei-Kommunikation und vermeintlicher Journalismus. Das Ergebnis? Eine zusätzliche Filterblase – diesmal von staatlicher bzw. parteinaher Seite, die sich jeder journalistischen Kontrolle weitgehend entziehen könnte. Ein demokratischer Medienraum lebt schließlich davon, dass Redaktionen nicht Teil des politischen Apparats sind, sondern Teil der öffentlichen Kontrolle. Wenn eine Partei selbst diesen Raum besetzt, verschiebt sich das Gleichgewicht. Es entsteht nicht nur Werbung für die eigene Politik, sondern auch eine Medienmacht-Position, die schwer einzuordnen ist.

Hinzu kommt: Wenn solche Projekte starten, während etablierte Medienhäuser massenhaft Personalabbau und Sparprogramme durchziehen müssen, dann entsteht ein schiefes Verhältnis zwischen beruflicher Professionalisierung und politischer Content-Maschine. Menschen, die Qualität im Journalismus gewährleisten könnten, werden gekündigt oder entlassen – gleichzeitig entsteht eine Parteieigenproduktion auf Befehl des Medienministers, die nicht denselben Anforderungen unterworfen ist. Zumindest bis dato ist „SPÖ eins“ medial auch nicht wirklich gut angelaufen:

Im Schnitt waren nur ein paar Dutzend Zuseherinnen und Zuseher bei der Premiere dabei. Nach rund 12 Stunden verzeichnete das Video gerade einmal 2.000 Aufrufe. „Gerade einmal 74 Live-Zuschauer waren bei der Premiere dabei – das ist nicht nur peinlich, das ist ein absoluter Mega-Flop erster Klasse!“

https://www.oe24.at/oesterreich/politik/parteien/absoluter-rohrkrepierer-fpoe-watscht-babler-tv-ab/654097229

Die SPÖ agitiert wie gewohnt gegen ihre Feindbilder: Hier der Klassenfeind Industriellenvereinigung, Quelle: https://www.youtube.com/watch?v=c8tnV3rD9UI

Fazit

„SPÖ Eins“ ist kein kleines Nebenprojekt – es ist eine strategische Entscheidung: eine Partei will sich ihren eigenen Kanal schaffen, im digitalen Raum, mit eigener Agenda und eigenem Branding. In einem demokratischen System, das Medienvielfalt und öffentliche Kontrolle wertschätzt, müsste ein solches Projekt äußerst transparent, klar abgegrenzt und kritisch begleitet werden. Stattdessen drohen wir in Österreich, einem Modell näher zu kommen, bei dem große politische Parteien eigene Medienplattformen betreiben – mit allen Risiken, die sich dabei für  Unabhängigkeit und Vielfalt ergeben. Es droht mittelfristig natürlich eine Bevorzugung der Parteimedien bei exklusiven Geschichten aus der Regierung, womit die Politik den Medien dann eine weitere Rute für Wohlverhalten ins Fenster stellen könnte.

Wenn die SPÖ hier glaubt, mit „SPÖ eins“ modernen Wahlkampf- und Kommunikationswegen zu folgen, so ist das prinzipiell verständlich – doch es bleibt wenig Verständnis dafür, dass dieser Weg genau jetzt und unter Federführung des Medienministers gewählt wird, ohne vorherige Debatte über die medienpolitischen Implikationen. Hätte die SPÖ ihre Kommunikationskanäle in der Opposition neu aufgestellt, wäre die Debatte natürlich eine andere. Bürgerliche Verantwortung bedeutet in diesem Fall, gerade dann kritisch zu sein, wenn Macht und Medien sich näherkommen oder gar gleich verschmelzen. Genau das passiert hier aber gerade in Ansätzen, weil die SPÖ mit ihren Umfragedaten nicht zufrieden ist und deshalb mehr mediale Propaganda ins Volk bringen möchte.

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Links & Quellen

SPÖ eins: https://www.youtube.com/watch?v=c8tnV3rD9UI

https://www.heute.at/s/exklusiv-sp-manager-sagt-wie-bablers-tv-sender-wird-120139747?utm_source=chatgpt.com

https://kurier.at/politik/inland/spoe1-tv-sender-andreas-babler-medienstrategie-fpoe/403087088?utm_source=chatgpt.com

https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20240131_OTS0096/spoe-kucher-die-wunderbare-welt-des-herbert-kickl-ist-eine-in-der-es-ausser-fpoe-tv-keine-medien-mehr-gibt

https://www.oe24.at/oesterreich/politik/parteien/absoluter-rohrkrepierer-fpoe-watscht-babler-tv-ab/654097229