Traumberuf Landespolitik: Wenn Bundespolitik zur Nebensache wird!

Ein Drittel der ÖVP-Regierungsmannschaft kommt aktuell aus Oberösterreich und die beiden Bundesminister Plakolm und Hattmannsdorfer hegen laut diversen Gerüchten offenbar große Ambitionen, dem Politabenteuer in der Bundesregierung  alsbald wieder einen Job in der Landespolitik in Oberösterreich folgen zu lassen – ganz wie es ihnen Karoline Edtstadler (Salzburg) und Juliane Bogner-Strauß (Steiermark) in jüngster Zeit vorgemacht haben. Der relativ sorgenfreie Job in der Landesregierung – weitestgehend frei von Besteuerungszwängen der Bevölkerung – gewinnt in Österreichs Politeliten in der Bundeshauptstadt also offenbar an Attraktivität – Bierzeltanstich statt U-Ausschuss, Konzentrationsregierung statt Koalitionsverhandlungen. Es hilft wohl auch, dass etwa in der ÖVP die Länderorganisationen über viel Geld verfügen und alleine deswegen stets von der Seitenlinie aus im Bund ein Wörtchen mitreden können. Das trifft übrigens auch auf die SPÖ Wien in der Sozialdemokratie zu, die wohl nicht umsonst üppigste Parteiensubventionen in Wien auszahlen lässt.

Die Folgen dieser beständigen Karriereleiterumkehr tragen dann aber leider alle Österreicherinnen und Österreicher. Wer „ins Land“, in die wohlig warme Landespolitik ohne allzu viel Verantwortung strebt, beziehungsweise als Bundespolitiker dorthin zurück will, der wird jetzt „im Bund“ eher nicht als großer harter Reformator irgendjemanden unnötig vor den Kopf stoßen. Im Land zählt nämlich untereinander, wie auch im Umgang mit dem Bürger, vor allem eines: Harmonie und Grabesruhe. Als Landesregierung verteilt man schließlich das Geld, welches zuvor der Finanzminister den Bürgern abgeknöpft hat und erfreut sich als Wohltäter großer Beliebtheit. Sogar die eigenen Landesbeamten werden teils höher bezahlt als ihre Pedants im schnöden Bundesdienst in Wien. Die Folgen dieser Umpolung der Karriereleiter bringen allerdings für Österreich mittelfristig gewisse schmerzhafte Folgekosten: Wer Reformen verschleppt und Fehlentwicklungen nicht korrigiert, der sorgt dafür, dass die Probleme in der Zukunft noch größer werden.

Das Land wartet auf Österreichs Spitzenpolitik

Traumjob Landeshauptmann

Glaubt man diversen medialen Gerüchten im Wiener Regierungsviertel, dann sind sich ausgerechnet die beiden Oberösterreicher Wirtschaftsminister Hattmannsdorfer und Kanzleramtsministerin Plakolm (Familie, Europa, Integration) spinnefeind. Beiden wird nämlich nachgesagt, nach der Nachfolge von Landeshauptmann Stelzer zu streben, weshalb – so ein weiteres Gerücht – in die jeweiligen Ministerkabinette nur noch Oberösterreicher berufen werden. Stimmen diese Gerüchte, dann findet hier also nun ein kleiner „Stellvertreterkrieg“ in der Bundesregierung um einen Landeshauptmannposten in der Provinz statt. Ist Linz nun also schon der Preis für einen „Kabinettskrieg“ in Wien? Sollte es in der Bundespolitik nicht eher um inhaltliche Kontroversen gehen? Das oberste Amt in Salzburg war jedenfalls der Hauptpreis für Karoline Edtstadler, jene ÖVP-Zukunftshoffnung, der viele vor nicht allzulanger Zeit zurecht zugetraut hätten, zur ersten gewählten Bundeskanzlerin aufzusteigen.

Warum der Landeshauptmann für viele Politiker so ein sicherer Traumjob ist, liegt wohl daran, dass die Österreicher in der Landespolitik nicht gerade sehr wechselwütig  sind. Da darf Kärntens Landeshauptmann Kaiser Kärnten zurück auf Haider´sche Schuldenberge hinaufwirtschaften und Doskozil im Burgenland allerlei Wohltaten auf Pump verteilen. Wiens Bürgermeister Ludwig schaffte es nicht nur – freilich dank unfairer Tricks mit ihm gewogenen Medien – im Jahr 2025 mit einem guten Ergebnis wiedergewählt zu werden, sondern auch dem Schuldenstand Wiens in nur einem Jahr gleich bis zu 45 Prozent (!) hinzuzufügen. Wiens Schulden sind also von 11 auf rund 15 Milliarden Euro gestiegen und das allein im Jahr 2025. Landeshauptleute wirklich abzuwählen ist in Österreich offensichtlich nur ein Ding für Kärntner, Steirer und Salzburger.

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Problemfälle Niederösterreich und Wien

Problematisch für ganz Österreich wird es dann, wenn die vielen Landeshauptleute von ihrer sicheren Basis aus mit viel Parteigeld im Rücken beginnen, auch im Bund Politik zu machen. Machtpolitisch gesehen sind das nämlich immer die „alten Hasen“, die in ihrer Amtszeit mehrere Kanzler und Bundesparteichefs überleben und genau wissen, wie man Strippen ziehen muss. Wenn in Wien in der Folge dann Politik für die jeweiligen Länder gemacht wird, verliert das „große Ganze“ an Bedeutung. Das sieht man aktuell wieder an mehreren Beispielen.

Die ÖVP in der Bundesregierung kommt mit der „niederösterreichischen Erbpacht“ Innenministerium etwa nicht aus den Schlagzeilen: Postenschacher, Pilnacek, U-Ausschuss, Geheimdienstrücktritte, Rekordmigrationszahlen, ganze 2 (!) Abschiebungen nach Syrien und dazu auch noch wegen des Innenministeriums geplatzte Verhandlungen mit Kickl. Das Innenministerium bräuchte offensichtlich einen Politikwechsel und damit frischen Wind, aber wie es aussieht, gibt das Land Niederösterreich das Innenministerium nur sehr ungern in politisch andere Hände. Der einzige ÖVP-Innenminister (abseits von interimistischen Leitern), der seit 2000 nicht aus Niederösterreich kam, war Ernst Strasser (2000-2004). Von der „Droge Innenministerium“ kommt die ÖVP Niederösterreich also offenbar machtpolitisch nicht los. Mittlerweile wird das freilich auch immer alternativloser, weil die Bundes-ÖVP in der Finanz- und Wirtschaftspolitik, wie auch in der Integrationspolitik, zuletzt peinlich patzte. Da bleibt dann kommunikationstechnisch nur mehr die harte Rhetorik der diversen Pressesprecher des Innenministeriums, die parallel zur weichen Migrationspolitik, das Wahlvolk der ÖVP zumindest rhetorisch einlullen sollen.

Anders, aber doch ganz ähnlich und noch viel ‚falscher‘ läuft es in Wien. In der kaderparteimäßig geführten SPÖ herrscht ohnehin stets besondere Rücksicht auf „ihre“ Stadt Wien! Den roten Wienern gehen die eigenen SPÖ-Machtstrukturen unter den diversen roten Bürgermeistern gegenüber ihrer Bundespartei stets vor, was für ganz Österreich mannigfaltige negative Folgekosten mit sich bringt. Der Preis dieser politischen Aufsichtslosigkeit unter dem euphemistischen Namen „Wiener Weg“ ist nämlich frappierend: Rekorddefizit, Rekordprobleme in der Migration, Überfremdung und der Rauswurf von Niederösterreichern und Burgenländern – nicht illegalen Migranten (!) wohlgemerkt – aus Wiener  Spitälern. Wien hat es unter rot-grüner Ägide also geschafft, mit trotziger linker Politik, geprägt von besonders hohen Sozialleistungen, besonders große und teure migrantische Parallelgesellschaften anzuziehen. Der „Wiener Weg“ wurde trotzdem vom Bürgermeister abwärts verteidigt, bis Containerschulen für Afghanen und Syrer errichtet werden mussten und eine Messerepidemie startete. Obwohl es mit dem eigenen linken SPÖ-Weg offensichtlich nicht sonderlich gut funktionierte, verhinderte Bürgermeister Ludwig dann auch noch aus Trotz einen erfolgsversprechenderen Umbau der SPÖ in Richtung Realopartei unter Hans-Peter Doskozil.

Wien und Niederösterreich sind also nicht gerade die Vorzeigebundesländer Österreichs was Verschuldung, Wirtschaftsentwicklung und noble politische Zurückhaltung im Bund betrifft. Das bundespolitische Wirken beider war in der Vergangenheit oft nicht gerade von Erfolg gekrönt.

Fazit

Österreichs politische Landschaft zeigt ein zunehmend irritierendes Muster: Während die großen Fragen im Bund liegen bleiben, zieht es immer mehr Spitzenpolitiker in die vergleichsweise gemütliche Welt der Landespolitik. Dort warten weniger Kontrolle, weniger öffentlicher Druck, dafür aber viel Gestaltungsspielraum – und nicht zuletzt jene Form von Macht, die auf Dauer angelegt ist. Der Wechsel aus der Bundesregierung in ein Landesamt ist längst kein Abstieg mehr, sondern für viele ein strategischer Karriereschritt. Das signalisiert nicht nur ein Misstrauen gegenüber der eigenen Handlungsfähigkeit im Bund, sondern auch eine tiefere Systemkrise: Wenn Landespolitik zum „Traumberuf“ wird, weil sie weniger Reibung und mehr persönliche Stabilität verspricht, dann verliert die Bundespolitik ihre Attraktivität als Ort des Gestaltens und Reformierens. Der Rückzug aus der Verantwortung des Bundes hin zu den sicheren Posten in den Ländern steht sinnbildlich für eine Politik, in der Macht und Karriere nicht mehr so mit Reformwille und Zukunftsorientierung verknüpft sind.

Denn was an der Oberfläche wie eine individuelle Karriereentscheidung wirkt, hat für das politische System als Ganzes schwerwiegende Konsequenzen. Die Bundespolitik verödet zusehends, wenn die fähigen Köpfe sich dorthin zurückziehen, wo man mit regionalem Wohlwollen, großzügigen Förderprogrammen und einem Minimum an Konflikten überlebt. Statt in Wien unpopuläre Maßnahmen mutig anzupacken, werden im Land lieber Feste eröffnet, Budgets verteilt und Loyalitäten gepflegt. Die Folge ist ein auch in Wien stagnierendes politisches System, das von großkoalitionärer Harmonie und Machterhalt geprägt ist, während notwendige kontroverse Strukturreformen verschleppt werden. Wenn dazu auch noch Landesinteressen die Bundespolitik einseitig dominieren, dann verlieren am Ende alle – denn Österreich braucht keine „Landesfürsten“ in der Bundesregierung, sondern Verantwortungsträger, die wieder den Mut haben, im Bund zu gestalten statt dort nur zu verwalten.

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