Die Freimaurer von Wien: Geheime Netzwerke in der SPÖ?

Freimaurer
Mächtige geheime Netzwerke dominieren Wien, Symbolbild zur Freimaurerei

Viele prominente sozialdemokratische Politiker in Machtpositionen in Wien lehnen elitäre Netzwerke wie Burschenschaften oder den Cartellverband (CV) strikt ab. Das Paradoxe ist nur, dass viele mächtige Sozialdemokraten selbst Mitglied in einem noch viel exklusiveren, geheimeren und viel elitäreren Machtzirkel sind, nämlich der Freimaurerei! Während man die Mitglieder des Cartellverbandes im Internet leicht recherchieren kann und man zudem als Student relativ unkompliziert beitreten kann, ist das bei den Freimaurern ganz anders. Deshalb lohnt sich ein genauerer Blick auf das Netzwerk, dem wir hier übrigens keinen zu großen verschwörungstheoretischen Touch geben wollen. Bei allen geheimen Ritualen ist und bleibt es politisch in Wien vor allem eines: Ein Netzwerk mächtiger Männer, eine Seilschaft, die Eliten innerhalb der SPÖ wohl zu ihrem Vorteil nutzen, um an der Macht zu bleiben. Das Kuriose ist hier also nicht die Existenz der alten Netzwerke der Freimaurer, sondern die personelle Verhaberung mit der Sozialdemokratie.

Bürgermeister Michael Ludwig, Verkehrsminister Peter Hanke (beide SPÖ), Oppositionschef Karl Mahrer (ÖVP) und Altbundeskanzler Fred Sinowatz sollen neben vielen mächtigen SPÖ-Wien-Politikern, Managern, aber auch bürgerlichen Stadteliten Wiens Freimaurer sein. Medienberichte dazu sind ziemlich eindeutig. Rekrutiert werden sollte einst auch Hans-Peter Doskozil, der dann aber laut eigener Schilderung brüsk ablehnte und die Episode in seinem letzten Buch verarbeitete.

Die Freimaurer sind somit – bei allem historischen Mythos – in Wien ein wohl hilfreiches Netzwerk mächtiger (linker) Männer und jener, die im Dschungel von Wiener Unternehmen karrieremäßig aufsteigen wollen. Die Freimaurerei dient roten Karriereristen machtpolitisch als „tiefer Staat“ der SPÖ-Wien, wobei sie in der Partei als Machtzentrum natürlich nicht alleine dominieren. Die Parteilinke und die Bezirke haben natürlich ebenso mitzureden in der Wiener Politik. Die proletarische Fassade und die linke Ideogie stehen ja bei der SPÖ offiziell schließlich immer noch im Vordergrund, während intern wie bei allen machtbewussten Netzwerken rein der Machterhalt zählt. Gute Unterhaltung bei der Reise in eine andere Welt.

Freimaurer Wolfgang Amadeus Mozart
Der prominenteste österreichische Freimaurer in der Geschichte: Wolfgang Amadeus Mozart. Seine berühmte Oper „Die Zauberflöte“ ist eine Eloge auf die Freimaurerei

Prominente Mitglieder

Die Freimaurer haben in Wien viele prominente Mitglieder und immer mehr Einfluss, erklären mag seine Mitgliedschaft medial aber fast niemand. Passt auch vielleicht nicht ganz zu einer linken Arbeiterpartei wie der SPÖ, wenn viele „volksnahe Politiker“ ihrer Parteielite in Wirklichkeit aus einem internationalen Geheimbund der Reichen und Mächtigen kommen. Innerhalb der SPÖ Wien fällt darunter naturgemäß das Wiener Parteiestablishment. Dazu kommen parteinahe Eliten in der „Wiener Wirtschaft“, die in den stadteigenen Betrieben Karriere machen. Anhänger vom eher machtfernen linken Flügel eines Andi Babler oder Niki Kowall wiederum sind naturgemäß wohl eher weniger in der Freimaurerei vertreten.

Prominentester Wiener Freimaurer ist mehreren Medienberichten zufolge (siehe unten) Bürgermeister Michael Ludwig himself (laut FoB „ruht“ aber gerade seine Mitgliedschaft), gefolgt vom Verkehrsminister Peter Hanke. Wobei pikanterweise Bürgermeister Ludwig im Freimaurer-Rang Gerüchten zufolge unter Hanke rangieren soll, womit im Geheimbund ihr Rangverhältnis genau umgekehrt zu ihrem politischen im Rathaus sein soll. Laut Ex-Pressechefredakteur Andreas Unterberger ist die personelle Breite der Freimaurerei in Wien unter der Stadtelite generell geradezu enorm:

Man findet etliche ORF-Mitarbeiter, ÖVP-Abgeordnete, Künstler, Chefredakteure, Unternehmensberater, Fernsehärzte, Klinik- und Spitalsleiter, Eisenbahnchefs, Spitzenbeamte und gleich drei Namen aus der neuen Wiener Stadtregierung, einschließlich den des Bürgermeisters.

https://www.andreas-unterberger.at/m/2020/12/wer-sich-da-aller-bei-den-freimaurern-herumtreibt

Alexander Surowiecz, seinerseits konservativer Blogger, analysiert in seinem Medium „Fass ohne Boden“ wie es in der SPÖ Wien 2025 um die roten Netzwerke innerhalb der Freimaurerei bestellt ist:

Ein weiterer Blick auf die Top-11 der SPÖ-Landesliste zeigt, dass alle männlichen Kandidaten – mit Ausnahme von Jürgen Czernohorszky – den Freimaurern angehören. Zu ihnen zählen auch Josef Taucher, Vorsitzender des Wiener SPÖ-Klubs im Wiener Gemeinderat und Landtag (Listenplatz 9), sowie der 2. Landtagspräsident Christian Meidlinger (Listenplatz 11).

https://www.fob.at/geschaeftsmaurerei-wie-logenbrueder-wien-unter-sich-aufteilen/

Man muss somit längst kein Verschwörungstheoretiker mehr sein, um festzustellen, dass es zwischen der SPÖ Wien und der Freimaurerei überdurchschnittlich viele Überschneidungen gibt. Was der CV bei der ÖVP oder die Burschenschaften bei der FPÖ darstellen, sind im Falle der SPÖ somit definitiv die Freimaurer. Was bedeutet das Ganze aber nun für den Steuerzahler?

Freimaurer bei Geschäften

Die „Geschäftemaurerei“

Der Begriff „Geschäftsmaurerei“ steht für eine intransparent Praxis, nämlich Geschäfte, die im Schatten der Freimaurerlogen gedeihen, geschützt durch verschlossene Türen und alte Versprechen. Es geht um Netzwerke, die nach außen hin von edlen Idealen sprechen, doch in Wahrheit mit Einfluss und Macht jonglieren, insbesondere zum eigenen Vorteil. „Es ist ein Geflecht aus Politik, Wirtschaft und Logenbrüdern, welches sich immer enger um die Stadt zieht“, so ein gut informierter Mediziner. Die Verbindungen zwischen politischen Führungskräften und Freimaurerlogen werfen drängende Fragen auf: Wo endet das geschäftliche Interesse, wo beginnt die Vetternwirtschaft? Und wer wacht über jene, die unter sich die Stadt aufteilen?

https://www.fob.at/geschaeftsmaurerei-wie-logenbrueder-wien-unter-sich-aufteilen/

Kritiker werfen also wichtige und kritische Fragen zur „Geschäftsmaurerei“ in Wien auf. Es geht hier um die Frage, ob nicht längst zuviel wirtschaftliche und politische Macht in den Händen von Freimaurern konzentriert ist! Eine derartige Machtkonzentration führt in Österreich traditionell zu Mauscheleien und gegenseitiger Protektion aka „Freunderlwirtschaft“. Das Nachrichtenmagazin „Profil“ hat genau das auch den obersten Freimaurer der Republik – Großmeister Georg Semler gefragt, den wir hier zu Wort kommen lassen wollen:

PROFIL: Woher kommt dann der Ruf, dass eine Mitgliedschaft bei den Freimaurern, das beste Protektionsticket in dem Land ist?

Semler: Das rührt wahrscheinlich daher, dass prägende Persönlichkeiten sowohl Brüder sind, als auch in einflußreichen Positionen sitzen. Wir streben nicht nach Macht und sind auch keine Macht-Elite, wir streben danach, eine moralische Elite zu sein.

PROFIL: Ich gehe davon aus, dass viele hier Mitglieder werden wollen, weil sie es als beschleunigend für ihr Fortkommen erachten und den Rest, also die Zeremonien und Rituale, dafür quasi in Kauf nehmen.

Semler: Ja, natürlich gibt es das. Oft mit großer Vehemenz und am liebsten im Eilzugtempo, weil sie Stimmen in einem Aufsichtsrat oder einem anderen Gremium brauchen.

Großmeister Georg Semler, zitiert nach https://www.profil.at/gesellschaft/freimaurer-im-extrazimmer-der-republik/402660248

Ausgeschlossen von der Mitgliedschaft in den diversen Logen der Wiener Freimaurer sind übrigens kollektiv FPÖ-Mitglieder Man hat einerseits Angst „infiltriert“ zu werden, andererseits vermeint man, mit den „freimaurerischen Werten“ über dem Populismus der FPÖ zu stehen. Das wissen freiheitliche Eliten und sind daher wie auch katholische Eliten und die Kirche traditionell die Gegner der Freimaurerei. Ex-FPÖ-Chef HC Strache raunte im „Ibiza-Video“ wohl deshalb auch mit Unterton, dass ja die „Logen“ hinter der SPÖ stehen würden. Damit dürfte er nicht ganz Unrecht haben. Wie „leicht“ unter Mitgliedern dann das tägliche Netzwerken in Wien funktioniert, berichtet der Großmeister selbst im Profil:

Die 52 Logen mit Standort Wien treffen sich hier allwöchentlich in verschiedenen Räumen, wir haben allein 15 Speisesäle, täglich sind 300 Abendessen vorbereitet. Wie Juden haben auch wir Rituale, die Außenstehenden seltsam erscheinen mögen.

Großmeister Georg Semler, zitiert nach https://www.profil.at/gesellschaft/freimaurer-im-extrazimmer-der-republik/402660248

Bürgerlich-katholische Medien wie der „Kurier“ sehen diese Machtkonzentration naturgemäß kritischer als linke Medien, die teils schon personell Teil dieses Netzwerkes sind. Anlässlich des Freimaurer-kritischen Buchs von Burgenlands Landeshauptmann Doskozil entstand folgende Recherche:

Das Wiener Rathaus mit seinen milliardenschweren Unternehmensbeteiligungen ist seit Veröffentlichung des Doskozil-Buches Mittelpunkt heftiger Spekulationen über den Einfluss von SPÖ-nahen Freimaurern. Tatsächlich dürften Manager und zwei hochrangige rote Stadtpolitiker Logenmitglieder sein. Als großer Strippenzieher gilt Finanz- und Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke. Die beiden Wien Holding-Chefs Kurt Gollowitzer und Oliver Stribl dementieren eine Mitgliedschaft. In der Wien Holding wird vor allem über Stribls Aufstieg als Fachverlags-Journalist spekuliert, dessen langjähriger Chef und Gründer Hans-Jörgen Manstein als Freimaurer gilt. Die einzige Frau in der Geschäftsführung, Sigrid Oblak, wurde vorzeitig demontiert und durfte sich nicht um eine Verlängerung bewerben.

Eine Frau jedoch sitzt in einflussreichen Positionen. Karin Rest, Geschäftsführerin der Vamed-KMB (betreibt die Technik des AKH), ist Aufsichtsratschefin der Holding. Sie ist auch im Aufsichtsrat der Stadtwerke und des Wiener Flughafens, an dem die Stadt 20 Prozent hält. Dort wurde jetzt Julian Jäger als Vorstand verlängert. Er soll vor Kurzem bei den Freimaurern angedockt haben. Der Partner der ehemaligen Rathaus-Mitarbeiterin Rest ist der Unternehmer und Lobbyist Robert Moser. Er erklärte auf die Frage nach einer Freimaurer-Mitgliedschaft, er sei keine Person öffentlichen Interesses. Moser gilt als hochrangiger Freimaurer, er sei mit Hanke befreundet und beide sollen in der Logen-Hierarchie höher stehen als Ludwig, wird kolportiert. Der SPÖ-nahe Wiener Anwalt Gabriel Lansky macht dagegen aus seiner Zugehörigkeit kein Geheimnis, „das ist bekannt“. Der Bauindustrielle und Neos-Sponsor Hans Peter Haselsteiner outete sich längst schon.

https://kurier.at/wirtschaft/das-wirtschaftliche-netzwerk-der-freimaurer/402927305

Fazit

In Wien sowie innerhalb der SPÖ gibt es mit den Freimaurern ein mächtiges geheimes Netzwerk fernab der Öffentlichkeit. Während sich führende sozialdemokratische Politiker öffentlich gegen elitäre Netzwerke wie Burschenschaften oder jenes des Cartellverbandes stellen, sind einige von ihnen selbst Teil eines noch exklusiveren Machtzirkels: Der Freimaurerei. Hinter verschlossenen Türen schmieden sich dann auch Karrieren, Mehrheiten in Vorständen und lukrative Aufträge werden untereinander vereinbart. Das nennen Kritiker dann „Geschäftemaurerei“ und warnen davor, wenn im Geheimen wirtschaftliche und politische Interessen zu sehr intransparent ineinandergreifen! Das geschehe zum Nachteil demokratischer Kontrolle und öffentlicher Transparenz. Besonders brisant erscheint, dass prominente SPÖ-Funktionäre, sowie von ihnen direkt oder indirekt berufene Manager stadteigener Betriebe der Freimaurerei angehören, was Fragen nach einem gewissen politischem Nepotismus aufwirft.

Dieser Artikel wie alle darin zitierten Recherchen und Interviews zeigen, dass dieses Netzwerk längst nicht mehr nur eine Randerscheinung oder eine Verschwörungstheorie ist, sondern in der Wiener Stadtpolitik spürbaren Einfluss entfaltet. Kritiker sehen darin eine Art „tiefer Staat“ innerhalb der SPÖ, der – unabhängig vom ideologischen Selbstverständnis der Partei – primär der Machterhaltung dient. Die Diskrepanz zwischen der offiziellen Arbeiterpartei-Rhetorik und der internen Machtpraxis wirft grundlegende Fragen zur Glaubwürdigkeit und demokratischen Kultur der Wiener SPÖ auf. Die Debatte um die „Geschäftemaurerei“ offenbart damit nicht nur ein elitäres Netzwerk, sondern auch ein potentielles strukturelles Problem in der politischen Transparenz und Kultur, sowie innerhalb gewisser Managmenteliten Wiens.

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Links & Quellen

https://www.krone.at/1713766

https://www.profil.at/gesellschaft/freimaurer-im-extrazimmer-der-republik/402660248

https://www.onb.ac.at/mehr/blogs/detail/mozart-ein-freimaurer

https://www.andreas-unterberger.at/m/2020/12/wer-sich-da-aller-bei-den-freimaurern-herumtreibt/

https://kurier.at/wirtschaft/das-wirtschaftliche-netzwerk-der-freimaurer/402927305

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