Mehr Zuwanderung: Warum wir die Forderungen der Wirtschaft hinterfragen sollten!

Wirtschaft und Migration

Im aktuellen Trend fordern 25 CEOs von der Regierung: Gebt uns mehr Zuwanderung ! Und das obwohl Österreich ohnehin stetig durch legale wie illegale Zuwanderung demographisch wächst und bereits heute prozentuell mehr Menschen mit Migrationshintergrund im Land leben als etwa in DEM Einwanderungsland USA, abgesehen von sowieso fast allen anderen Ländern weltweit. Um weiter wachsen zu können ist die Wirtschaft natürlich immer auf der Suche nach mehr und besser qualifizierten Arbeitskräften. Deshalb ist die Forderung der 26 Vorstandsvorsitzenden nach mehr Arbeitskräften natürlich, rein wirtschaftlich betrachtet, auch durchaus legitim.

Österreich ist als Land aber mehr als nur Arbeitsmarkt und politisch, gesellschaftlich wie auch wirtschaftlich gesehen, gibt es durchaus auch sehr gute Gegenargumente zur Forderung nach immer mehr Zuwanderung. Wir werden daher in diesem Artikel drei Geschichten aus der Geschichte erzählen, die allesamt eines zeigen werden: Weniger Zuwanderung, bzw. weniger verfügbares menschliches Potential am Arbeitsmarkt ist nicht immer von Nachteil, nein , historisch gesehen sogar oft genug ein Vorteil ! Eine fehlgeleitete Migrationspolitik nach rein ökonomischen Gesichtspunkten mag vielleicht kurzfristig wirtschaftlich sinnvoll sein, mittel- bis langfristig aber muss das nicht notwendigerweise der Fall sein !

Der Triumph des Todes von Pieter Bruegel der Ältere um 1562; Das Gemälde zeigt die sozialen Umwerfungen aufgrund der Pest in Europa

Die Pest & die Macht der Bürger

Ab dem 14 Jahrhundert erschütterten 300 Jahre lang Pestepidemien Europa. Schätzungen zufolge starben dabei alleine im 14 Jahrhundert zwischen 25 und 50 Prozent der Bevölkerung Europas an der neuen Seuche. Die Auswirkungen waren dramatisch: Städte und Länder schrumpften massiv und dies hatte Folgen für alle Aspekte des Lebens, von der Wirtschaft bis hin zur Kultur. So war es etwa ungleich schwieriger Arbeitskräfte zu finden, denn Zuwanderung war kaum möglich, weil ja alle Regionen gleichermaßen betroffen waren!

Diese Knappheit an Arbeitskräften infolge der Seuche hatte aber auch ihr Gutes: Die Macht der Bürger in den Städten wuchs ! Handwerker waren nun rar, weshalb ihnen der Adel, die herrschende wirtschaftliche Elite, für ihre Arbeit mehr Lohn zugestehen musste. Gilden von Kaufleuten und Handwerkern übten wirtschaftlichen Druck aus und prosperierten. In der Folge wuchs der bürgerliche Reichtum, wie auch der Reichtum der Städte und der mittelalterliche Landadel verlor zunehmend seinen wirtschaftlichen Einfluss. Das Spätmittelalter war charakterisiert vom Aufstieg des Bürgertums und dem Aufstieg des Städtewesens ! Die Macht des Bürgertums wuchs dann weiter bis ins 20 Jahrhundert, bis sich Europa schließlich endgültig der Adelsherrschaft entledigte.

Knappheit an Arbeitskräften ist also wirtschaftlich vielleicht nicht optimal, es war aber auch eine wichtige Basis für die Entstehung unseres modernen demokratischen Gemeinwesens. Länder mit vielen billigen Arbeitskräften waren in der Geschichte dagegen oft länger autoritär geprägt (siehe Russland) als Gemeinwesen mit knapperer Arbeitskraft. Höhere Gehälter erzielt man durch Spezialisierung, aber auch durch weniger Konkurrenz am Arbeitsmarkt. Es gilt das Prinzip von Angebot und Nachfrage ! Die Wirtschaft wünscht sich mehr Angebot an Arbeitskräften, die Massen an Arbeitnehmern profitieren vom Gegenteil. Die Schweiz zeigt am besten, was in Mitteleuropa mit reguliertem und lange abgeschottetem Arbeitsmarkt möglich ist: Ihr BIP/Kopf lag 2022 mit 87.410 Euro weit vor jenem Österreichs (49.440 EUR) und Deutschlands (46.150 EUR).


Deutsch-Österreich im Jahr 1918 in den Grenzen beansprucht von den Gründern der 1. Republik; Quelle: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/9/98/Der_Aufbau_der_Republik_Deutsch%C3%B6sterreich.png

Die Altösterreicher in Böhmen und Mähren & die Industrialisierung

Obige Karte zeigt den politischen Anspruch Deutsch-Österreichs auf die mehrheitlich deutschsprachigen Regionen der Habsburgermonarchie 1918. Wirtschaftlich am wertvollsten waren dabei neben Niederösterreich (mit Wien) und Oberösterreich die deutschsprachigen Gebiete in Tschechien. Mehr als 3 Millionen Deutschsprachige lebten 1918 in Böhmen und Mähren und erwirtschafteten dort in der Habsburgermonarchie eine enorme Prosperität. Die Geschichte der (später als Sudetendeutsche bezeichneten) Deutschböhmen und Deutschmährer ist alt: Schon vor 800 Jahren kamen die ersten Siedler in die böhmischen Waldgebiete und bauten Bergwerke und Städte und kultivierten diese unbesiedelten Landstriche. Begleitet wurde dieser Prozess jahrhundertelang vom wirtschaftlichen Neid ihrer tschechischen Nachbarn, der übrigens bis heute anhält.

Im Wirtschaftsboom des 19. Jahrhunderts entstand eine starke Industrie in diesem Gebiet: Eisen-, Tuch-, Lederindustrie et cetera waren allesamt stark vertreten. So erwarb sich etwa das deutschböhmische Reichenberg den wirtschaftlichen Ruf eines „Manchesters Österreichs” . In Pilsen gründete Ernst Graf von Waldstein 1859 die Firma Skoda, wo bis 1918 Österreich seine berühmten Geschütze, Dampfmaschinen et cetera fertigen ließ. Das böhmische Pilsen ist für das Pilsner Bier bis heute bekannt, welches einst von Joseph Groll 1842 dort erfunden wurde.

Die deutschböhmischen Wirtschaftsbarone im 19. Jahrhundert setzten mit der Expansion ihrer Industrien auf billige Zuwanderung. An den Rändern der deutschsprachigen Städte wurden Mietskasernen gebaut und billige tschechische Arbeitskräfte angeworben und dann als Lohnkonkurrenz zu den Deutschösterreichern eingesetzt. Einheimische Deutschböhmen und Tschechen wurden wirtschaftlich gegeneinander ausgespielt. Dies förderte den nationalen Neid, den nationalistische Tschechen ohnehin gegen die „reichen“ Deutsch-Österreicher hegten. Die Folgen dieser Wirtschaftspolitik waren zweierlei: Erstens wuchs der sprachliche tschechische Einfluss und Pilsen wurde wie andere Orte slawisiert, desweiteren wuchs die Ungleichheit der wirtschaftlich zu kurz gekommenen Tschechen. Die mittelfristige Folge war 1945 die vollständige Vertreibung der 3,5 Millionen Sudetendeutschen im Zuge der Kriegshandlungen des Zweiten Weltkrieges. Anlass dazu war natürlich der Nazi-Terror, die bisherigen Differenzen waren aber wohl der tiefere Grund.


Die Gastarbeiter

Deutschland und Österreich rekrutierten ihre ersten Gastarbeiter ab den 1960ern in diversen mediterranen Ländern wie Italien, Türkei, Tunesien, Spanien, Griechenland et cetera. Geplant war von Politik und Wirtschaft ursprünglich, diese Leute nur vorübergehend aufzunehmen und so den wirtschaftlichen Spitzenbedarf an Arbeitskräften abzudecken. Niemand verschwendete einen Gedanken an die gesellschaftlichen Folgen der Migration oder an die Integration dieser Menschen. Die meisten Anwerbeabkommen wurden in den 1960ern geschlossen und im Zuge der Rezession ab 1966 schon wieder eingeschränkt . 1971 wurden sie dann im Zuge der Ölkrise völlig gestoppt. Die heimische Arbeitslosigkeit explodierte nämlich wieder.

Viele der Migranten aus bitterarmen Gegenden der Türkei, Jugoslawiens, Süditaliens oder Spaniens verspürten 1971 aber wenig wirtschaftliche Lust auf Heimkehr. Die Industrie wollte ihre neuen billigen Arbeitskräfte ebenfalls nicht abgeben, waren sie doch verfügbar und eine gute Lohnkonkurrenz gegenüber den einheimischen Deutschen und Österreichern. Dies ist übrigens ein Phänomen, welches (wie Wirtschaftsforscher heute hinter vorgehaltener Hand zugeben) etwa in Deutschland bis circa zum Jahr 2000 anhielt. Erst dann war der „junge Gastarbeiter“ aufgrund des demographischen Wandels keine Lohnkonkurrenz für den „jungen Deutschen“ mehr. Weil niemand diese Situation aber so geplant hatte, entstanden mit der Zeit konservative Parallelgesellschaften und vor allem die zweite und dritte Generation von muslimischen Migranten schottete sich zunehmend von der Mehrheitsgesellschaft ab.

Ähnlich war die Situation in anderen Ländern. Die Ghettos und Parallelgesellschaften in den französischen Banlieus, sowie migrantische Problemviertel an den Rändern belgischer, niederländischer, britischer und schwedischer Städte entstanden unter den gleichen Voraussetzungen. Hier waren es Arbeitsmigranten aus den ehemaligen Kolonien, die nach dem zweiten Weltkrieg in Zeiten der Hochkonjunktur ins Land geholt wurden. Weil die Politik dort aber noch naiver bzw. politisch korrekter war, ist die Wohlstandsdiskrepanz in Westeuropa noch einmal ungleich stärker als im (pro Kopf reicheren) deutschsprachigen Raum.

FAZIT: Vorübergehender wirtschaftlicher Bedarf aus den 1960ern förderte die Migration von Gastarbeitern auf Druck der Wirtschaft. Geblieben sind aber nach dem Abschwung der 1970er nicht nur viele Arbeitskräfte, sondern auch arme und fremde Parallelgesellschaften, die in Relation zu den authochtonen Europäern, heute vielfach übermäßig am Tropf des Sozialstaats hängen. Diese Parallelgesellschaften von Migranten haben nun mit ihrer relativen Geburtenstärke (verglichen mit den einheimischen Europäern) und mit ihrer kontinuierlichen Anziehungskraft auf ihre ursprünglichen Landsleute heute dazu beigetragen, dass viele europäische Städte ihren nationalen Charakter in weiten Teilen ihrer Großstadtbezirke eingebüßt haben. London ist dafür ein sehr gutes Beispiel:

Die weiße europäischstämmige Bevölkerung von London (Stand 2011): Die „weißen Flecken“ mit wenig bis keiner europäischstämmigen Bevölkerung in der größten Stadt Europas nach Moskau werden immer mehr;
Quelle: https://en.wikipedia.org/wiki/Ethnic_groups_in_London#/media/File:White_Greater_London_2011_census.png

Fazit

Wenn die Wirtschaft mehr Zuwanderung fordert, dann tut sie das aus dem legitimen Wunsch heraus ihre Wachstumschancen zu verbessern. Nicht immer ist mehr Zuwanderung aber mittelfristig im Sinne eines Staates oder Gemeinwesens sinnvoll, wie unsere Beispiele hier schön gezeigt haben !

Eine kleinere Arbeiterschaft hat den Handwerkern und damit den Städten im Spätmittelalter mehr Einfluss, Geld und Macht gegenüber dem Adel gebracht, den sie immer weiter ausbauen konnten! Zuviel Migration und Culture Clash im Zuge der Industrialisierung war (neben den Nazi-Verbrechen im Zuge des Zweiten Weltkriegs) einer der Gründe, warum es heute keine Sudentendeutschen mehr gibt und warum deren Industrien, Häuser und Ländereien 1945 vollständig in Staateigentum überführt worden sind. Hätte man in den 1960ern in Österreich und Deutschland die Arbeitskräfteknappheit nicht mit Anwerbeabkommen behoben sondern ein paar Jahre gewartet, hätte sich die Situation mit dem Abschwung ohnehin wieder von selbst gelöst. Soziale Folgekosten und Parallelgesellschaften wären so vielleicht vermieden worden. Weniger Arbeitskräfte resultieren in der Regel in höheren Gehältern im Heimatmarkt und in der Auslagerung von billiger Produktion.

Die Politik muss hier also stetig abwiegen: Gibt man der Wirtschaft immer nach und fördert den Zuzug oder greift man regulierend ein und erspart so künftigen Generationen potentiell ein böses und für den Sozialstaat teures Erwachen in einer fragmentierten Gesellschaft. Siehe dazu etwa: https://www.dermaerz.at/eurabia-10-argumente-gegen-diese-zukunftsvision/

Die EU fordert nun etwa seit geraumer Zeit mehr Arbeitskräfte aus Nordafrika, genauer gesagt aus dem Maghreb. Die Migrationserfahrungen mit diesen Bevölkerungsgruppen in Frankreich, Belgien, den Niederlanden und Deutschland sind aber leider oft nicht gerade positiv. Siehe etwa die „Nafris“ der Kölner Silvesternacht 2015, generell hohe Kriminalitätsraten oder diverse Plünderungen und Ausschreitungen etwa im Zuge der Fussballkrawalle während der letzten Fußball-WM in Katar. Andere Länder wie Spanien setzen deshalb auf kulturell näherstehende Regionen, wie etwa Südamerika. Wie auch immer,in jedem Fall ist die Politik hier gefordert, einen längerfristigen Blick in die Zukunft zu werfen und vermeintlichen wirtschaftlichen und humanitären Bedürfnissen kurzfristig vielleicht doch nicht zu leicht nachzugeben.

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Links & Quellen

https://www.trend.at/

https://www.planet-wissen.de/geschichte/mittelalter/leben_im_mittelalter/pwiederschwarzetoddiepestwuetetineuropa100.html

https://de.statista.com/statistik/daten/studie/188766/umfrage/bruttoinlandsprodukt-bip-pro-kopf-in-den-eu-laendern/

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