Fetisch Auto: Die politische Klimaprophylaxe der Grünen

Die Grünen haben letztlich ein realpolitisches Dilemma: Sie predigen tagaus tagein Klimaverzicht und harte Maßnahmen gegen den Klimawandel, verfügen aber über eine Wählerschaft die pro Kopf zu den größten Ressourcenverschwendern dieses Planeten zählt. Ihre Wähler sind wie die Grünen ganz schnell dabei wenn es um „Klima-Arroganz“ gegenüber ihren Mitmenschen geht, beim wirksamen Verzicht schaut es dann aber oft ganz anders aus. Da ist man zwar total „öko“ einerseits, verbraucht mit dem eigenen Lebensstil und Reisestil dann aber doch ein Vielfaches an ökologischem Fußabdruck von den Ärmeren oder Konservativeren in der Gesellschaft andererseits.

Eine Grünwählerin sprach das Thema gegenüber des Autors dieser Zeilen auch offen an: Sie lehne „alle Rechten“ ab, ihr Flug nach Bali jedes Jahr müsse aber schon sein. Eine Vorliebe aber welche, wie sie selbst einräumte, letztlich „die meisten Rechten und Konservativen“ in Relation zu ihr „leider“ doch zu Klimavorreitern machen würde. Ein kleinbürgerlicher rechter Wähler würde nämlich nie auf ein vergleichbaren ökologischen Fussabdruck kommen, wenn er etwa mit dem Auto einmal im Jahr nach Italien oder Kroatien auf Urlaub fährt.

Wie lösen die Grünen nun also dieses Dilemma ihrer CO2-verschwenderischen Klientel und den eigenen Ansprüchen nun politisch? Indem sie realpolitisch ein Thema instrumentalisieren, welches sie und ihre urbane Klientel persönlich wenig Mühe kostet und höchst symbolisch ist: Den Fetisch Auto! Mit öffentlichen Verkehrsmitteln und einem teuren Elektroauto ist man nämlich sehr schnell auf der „richtigen Seite“! Und kann dann herablassend auf jene blicken, die ihr Normalo-Auto jeden Tag verwenden müssen.

Die Autofahrerpolitik der Grünen

Die Grünen fallen in ihrer Verkehrspolitik vor allem dadurch auf, dass sie Infrastrukturprojekte für den Individualverkehr oftmöglichst behindern und ausbremsen. Straßenausbau in den durch Migration und Zuzug boomenden Städten wird da trotz Bedarf zu einem Tabuthema. Diese Politik strahlt seit der grünen Regierungsbeteiligung in Österreich seit 2019 auf das ganze Land aus, wie die jüngsten Maßnahmen der grünen österreichischen Umweltministerin Leonore Gewessler demonstrieren. Gewessler ließ 2021 im Affekt gleich mal sämtliche Bauprojekte der österreichischen Autobahngesellschaft Asfinag prüfen! Womit sie die Umsetzung wichtiger Straßenprojekte gleich mal auf wohl Jahre verzögerte. Und das in einem Land mit massivem jährlichen Zuzug und einem enormen europäischen Transitverkehr. Sie ignoriert dabei natürlich auch die Tatsache, das künftig immer mehr klimaneutrale Elektorautos diese Straßen befahren werden weil das Erdölzeitalter langsam zu Ende geht.

Diese Entwicklung entlarvt die grüne Politik also vor allem als das was sie eigentlich ist: Eine Fetisch-Politik zur Mobilisierung der eigenen Klientel. Das Automobil steht somit für Symbolpolitik.

Grüne in Deutschland und Österreich, wie übrigens auch die linken Mainstreammedien trauen sich zudem nicht dem Wähler die trockene Wahrheit beim Thema Klimaschutz nahezubringen. Mit einem Anteil von 2,2 % am weltweiten CO2-Ausstoß (Deutschland 2% und Österreich 0.2%) ist der Einfluss des deutschsprachigen Mitteleuropas auf den Klimawandel endenwollend. Ja alle vereinten Maßnahmen der EU (Anteil 8% am weltweiten CO2-Ausstoß) haben einen marginalen Einfluss auf das Weltklima. Was aber nicht bedeuten soll, nichts gegen den Klimawandel zu unternehmen! Es ist gut eine Rolle als Pionier bei der Klimawandelbekämpfung einzunehmen. Diese Rolle wäre allerdings dann am effektivsten, wenn man nebst eigener CO2-Reduktion außenpolitischen Druck auf die wahren Klimasünder wie China, die USA und Indien ausüben würde. Irrationale Maßnahmen welche viel kosten und wenig reale Einsparung bringen, werden diese Länder jedenfalls nicht überzeugen. Von armen Entwicklungsländern ganz zu schweigen, deren Bevölkerungen Wohlstandseinbußen weit weniger verkraften können.

Die gesellschaftliche Realität

Die grüne Klientel sitzt vor allem im urbanen Gebiet in Städten wie Wien, Hamburg, Berlin und Köln. Von Wien aus lässt sich dann leicht den abgelegenen österreichischen Regionen am Land ohne öffentliche Infrastruktur eine Anti-Autopolitik verordnen. Mit hohen Spritpreisen und steigenden Steuern auf den Autokauf! Maßnahmen die dann vor allem jene treffen für die am Land das Auto einfach alternativlos ist. Wo die Mobilität einen hohen Anteil an den Lebenserhaltungskosten ausmacht. Oder eine Anti-Eigenheim-Politik wie es die Hamburger Grünen vor kurzem probierten. Indem sie einfach mal den Einfamilienhäusern den Kampf ansagten. Was in Hamburg abseits der Villenviertel leicht zu fordern ist, denn anders als am Land leben die Leute hier ja überwiegend zusammen in Wohngebäuden. In den ländlichen Regionen Deutschlands und Österreichs ist diese Politik natürlich purer Hohn.

Die gesellschaftliche Realität ist natürlich ganz eine andere. Am Land bis hin in die Vorstädte ist das Auto als Fortbewegungsmittel überall völlig alternativlos. Bessere Umfahrungsstraßen für Großstädte wie der Lobautunnel in Wien oder die Schnellstraße S18 in Vorarlberg sind essentiell für die Lebensqualität der Pendler. Die weniger Zeit im Stau oder auf längeren Wegen zur Arbeit oder nach Hause verbringen müssen. Es kann natürlich nicht ein sinnvolles Ziel sein, der Mehrheit der Österreicher die in Kleinstädten leben, einen ökonomischen Druck zu geben auch noch in diese boomenden Städte zu ziehen.

Eine beschleunigte Urbanisierung als Folge einer urbanfreundlichen grünen Politik, würde der Landwirtschaft und der Pflege des Kulturlandes schaden und Österreich seinen Wesenskern nehmen. Was das eigene Selbstverständnis und auch den Tourismus betrifft. Die Pflege des Landes passiert nämlich in den Dörfern und Kleinstädten. Die Städte Salzburg und Wien locken die Millionen Touristen nämlich nicht jedes Jahr wieder als Stammgäste nach Österreich. Das bewirkt schon die Natur und die bewirtschafteten Kulturräume. Die – erraten – mit Automobilen erkundet, erhalten und bewirtschaftet werden müssen.

Die klimatischen Auswirkungen des Individualverkehrs

Laut der europäischen Umweltagentur entfallen fast 30 Prozent der gesamten CO2-Emissionen der EU auf den Verkehr im Gesamten. Der Individualverkehr in PKWs trägt dabei rund 18 Prozent zu den CO2 Emissionen der EU bei. Das ist kein geringer Wert und seit den 1990ern wird daran gebarbeitet diesen zu reduzieren. Aber nicht durch unsinniges Aufschieben von Straßenprojekten, sondern durch technologische Innovation. Es gibt dabei zwei Möglichkeiten, die CO2-Emissionen von Autos zu reduzieren! Erstens durch effizientere Fahrzeuge und zweitens durch eine Änderung des verwendeten Kraftstoffs. Hin zur Elektromobilität oder zum Wasserstoffzeitalter.

Mit dem Plan der EU ab 2035 nur mehr elektrische PKWs zuzulassen entlarvt sich der grüne Widerstand gegen Straßenprojekte mit dem Argument Klimawandel endgültig als politischer grüner Populismus. Die Autos werden dann nämlich jedes Jahr weniger CO2 emittieren! Bis eines Tages die ganze Benziner- und Dieselflotte abseits von Oldtimern ausgemustert sein wird. Die Städte der Zukunft werden leiseren und klimaneutralen Verkehr mit der Elektromobilität bekommen. Keine rußverschmutzten Häuserfassaden mehr und attraktiveres Leben an so manchen Ausfallstraßen.

Das „grüne“ Programm der EU wird seinerseits aber enorme Kosten für die wichtige europäische Autoindustrie und die Konsumenten mit sich bringen und – Europas Unilaterlismus – trotz allem kaum zur Verminderung des CO2-Ausstoßes beitragen (siehe Europas Anteil an der weltweiten Verschmutzung). Das in der EU nicht mehr benötigte Öl und Gas wird dann nämlich anderswo verfeuert werden. Weil die geringeren Preise die Nachfrage in den anderen Ländern befeuern werden. Der Ökonom Hans-Werner Sinn merkt in der „Presse“ kokett an, dass eigentlich die EU ihren Rohstoffankauf beibehalten müsste. Um das angekaufte nicht gebrauchte Öl, dann in Tanks zwischenzulagern. Soviel also zur ökonomischen Absurdität des europäischen Alleinganges. Die überhastete Wende zur Elektromobilität wird auch den Kohlestrom und die Atomindustrie befeuern. Weil die erneuerbaren Kapazitäten bei weitem noch nicht technologisch ausgereizt sind um Europa ordentlich zu versorgen.

Fazit

Individueller Verzicht beim Klimawandel in Europa fällt rechnerisch laut Experten nicht wirklich ins Gewicht. Die Staaten müssen hingegen auf globaler Ebene verbindliche Rahmenbedingungen und Leitlinien schaffen und diese weltweit aushandeln. Macht ein Wirtschaftsraum alleine eine wirtschaftliche Wende, kommt es zu Spillovereffekten infolge des unilateralen Verzichts. China kann etwa günstiger Öl importieren, während sich die EU wirtschaftlich kasteit, indem sie überhastet zur Elektromobilität wechselt. Der Klimawandel geht davon unbeindruckt weiter, weil die Gallone Rohöl statt in Lissabon oder Brüssel nun eben in Xinjang und Kuala Lumpur verbrannt wird.

Die Verzichts- und Baustoppolitik der Grünen hierzulande ist daher höchstens polemisch und populistisch, aber sicher nicht aufrichtig und besonders effektiv. Diese Politik wird das Leben hierzulande massiv verteuern, die Stromnetze instabiler machen und eine Spielwiese für eine Kaste vonSubventionsempfängern schaffen. Firmen und Investoren die mit „grünem Mascherl“ staatliche Milliardensubventionen abgreifen für Projekte, deren Auswirkungen gesamtwirtschaftlich teilweise fraglich sind. Das (elektrisch betriebene) Automobil wird dagegen auch in 100 Jahren noch abseits der Innenstädte essentiell für die Fortbewegung sein. Was den Grünen also total fehlt ist eine Politik mit Maß und Ziel: Die wäre ehrlicher, denn ihre gegenwärtige Rhetorik ist ja auch realpolitisch nicht durchsetzbar.

Etwa bei der vor allem in Österreich zu starken Bodenversiegelung ! Dieser muss man in der Tat den Kampf ansagen! Um das Land und seine Umwelt nicht zu stark zu verschandeln. Wichtige Infrastrukturprojekte wie der Lobautunel oder die S-18 zu blockieren, ist trotzdem der denkbar schlechteste Ansatz, bieten sie doch eine weit effektivere und sinnvollere Bodennutzung, als die meisten anderen Projekte. Es würde den Grünen auch ein Blick über die Grenzen nicht schaden. Nirgendwo sonst verrennen sich Parteien so stark beim Thema Klima wie im deutschsprachigen Raum! Was auch eine Kritik an den grünlastigen Medien sein soll, die sich nur zu gerne diesem Thema widmen und falsche Erwartungen erzeugen.

Quellen und Links

https://vorarlberg.orf.at/stories/3114932/

https://www.europarl.europa.eu/news/de/headlines/society/20190313STO31218/co2-emissionen-von-autos-zahlen-und-fakten-infografik

Hans-Werner Sinn (28.07.2021): Europas grüner Unilateralismus. In: „Die Presse“ vom 28.07.2021: S. 22f.